"Euch ist klar, dass wir bis nach Eshantu mindestens zwei Tage brauchen, stimmts?", fragte Shan, der voraus ritt.
Alle nickten, nur Nay rief entsetzt: "Zwei Tage?!"
"Natürlich. Wir müssen schließlich an der Küste entlang.", erklärte Shan wie selbstverständlich und Nay stöhnte. "So lange."
Die anderen lachten und fröhlich ritten sie weiter.
Am Abend waren sie schon recht weit gekommen und ließen sich an einer alten Buche, die nicht weit vom Weg stand, nieder.
"Hier rasten wir. Morgen früh geht's direkt weiter!", sagte Shan und die anderen nickten. Während Luca und Nay Holz für ein Feuer suchten und Junay die Decken ausbreitete, sah Shan, der nach den Vorräten kramte, immer wieder zu Mio hinüber und sein Blick wurde von Mal zu Mal sorgenvoller. Schließlich setzte er sich neben das Mädchen und fragte: "Mio, du siehst nicht gut aus. Was hast du?"
Tatsächlich starrte Mio seit einiger Zeit fiebrig vor sich hin und rührte sich nicht. Sie war sehr blass, nur ihre Wangen glühten rosa. Sie war geschwitzt und ihre Haare hingen matt herunter.
Sie hob den Kopf und sah Shan an, als ob sie ihn das erste Mal sehen würde. Dann wich sie kreischend zurück und kauerte sich an den Stamm.
"Mio! Was ist los?", fragte Shan erschrocken und nun trat auch Junay neben ihn.
"Was ist los?", fragte er und sah abwechselnd Mio und Shan an.
"Das wüsste ich auch gerne. Sie sieht nicht gut aus, aber als ich sie gefragt habe, ist sie schreiend an den Baum geflüchtet.", erklärte Shan und Junay trat an Mio heran. "Mio, was ist los mit dir?"
Doch Mio starrte ihn nur an und sprang auf. Sie lief davon und Shan und Junay folgten ihr.
"Mio!", rief Shan und machte sich schreckliche Sorgen.
Plötzlich stolperte Mio und fiel hin. Sofort waren Shan und Junay bei ihr und packten sie an den Armen. Tränen liefen über das heiße Gesicht des Mädchens und sie starrte die beiden Jungen erschrocken und ängstlich an. Junay fühlte ihr Stirn und rief: "Sie hat hohes Fieber!
Wahrscheinlich erkennt sie uns deswegen nicht. Schnell, zurück mit ihr!"
Er hob Mio auf und lief eilig zurück zum Lager, wo inzwischen die beiden Mädchen angekommen waren und das Holz stapelten.
"Was ist los?", rief Luca und sprang auf. Während Junay Mio absetzte und sie in Decken hüllte, erzählte Shan eilig, was passiert war. Nay fiel neben Mio auf die Knie und nahm sie in den Arm. "Sie ist ganz heiß. Sie hat hohes Fieber! Sie muss schnell in die nächste Stadt und zu einem Arzt!", rief sie erschrocken und sah auf Mio hinab, welche die Augen geschlossen hatte.
"Aber bis nach Eshantu brauchen wir noch anderthalb Tage! Und dazwischen ist kein Dorf oder sowas!", rief Junay verzweifelt und raufte sich die Haare.
"Aber... wenn wir schneller reiten?", fragte Luca und sah abwechselnd Shan und Junay an.
"Sie kann doch in diesem Zustand nicht auf einem Focardy reiten. Das würde die Lage doch nur verschlimmern!", erklärte Shan und dachte nach. Schließlich fasste er einen Entschluss und stapfte zu Elena.
"Was hast du vor?!", fragte Nay und sah auf.
"Ich reite allein nach Eshantu. Elena schafft das, sie ist schnell. Von dort bringe ich dann einen Arzt mit oder einen Krankentransporter. Ich beeil mich auch."
Alle starrten sie an, dann fiel Luca Shan um den Hals und flüsterte: "Danke!"
Shan lächelte seelig, im Gegensatz zu Junay, der sofort meckerte: "Dann beeil dich mal!"
Shan sah ihn wütend an, dann besann er sich und schwang sich auf Elena.
"Ich beeile mich!", rief er noch, dann galoppierte er in die Dunkelheit hinaus.
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