Bilder aus Ruinen: Die Bauten Olympias
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Im Jahr 2000 fanden im australischen Sydney die Spiele der XXVII. Olympiade
der Neuzeit statt. Damit kann die olympische Bewegung der Moderne auf eine
104-jährige Geschichte zurückblicken. Kurz ist dieser Zeitraum jedoch
im Vergleich mit der über 1168 Jahre aufrechterhaltenen Tradition der
Olympischen Spiele der Antike. Laut antiker Überlieferung sind von 776
v. Chr. bis 393 n. Chr. 293 Olympiaden zu zählen bis die wichtigste Sportveranstaltung
des Altertums ihr Ende fand. Die Erinnerung an diese legendären Wettkämpfe
veranlasste Pierre de Coubertin, die Olympische Bewegung erneut ins Leben
zu rufen. 1896 feierte „die Jugend der Welt“ im Ursprungsland der Olympischen
Spiele erstmals wieder das Sportfest.
Ein Rückblick auf die antiken Spiele zeigt deutliche Unterschiede zu
den modernen Spielen: In der Antike waren die Olympien zuallererst ein sakrales
Ereignis, die Spiele waren heilig! (siehe: Die Organisation der Spiele)
Die Rückschau fördert aber auch eine Reihe von überraschenden
Parallelen zur heutigen Zeit zu Tage:
Schon in der Antike waren die Olympischen Spiele ein Zuschauer-Magnet.
Das Wetteifern der griechischen Stadtstaaten um olympische Siege entspricht
dem nationalen Kräftemessen der Moderne, das heute im Medaillenspiegel
seinen Ausdruck findet. Damals wie auch in der Neuzeit suchten ehrgeizige
Politiker aus sportlichen Erfolgen Kapital zu schlagen (vgl. den Fall des
Tyrannen von Syrakus) (Für die neuzeitlichen Spiele sei hier an Berlin
1936 und an die Austragung des Kalten Krieges auf dem Feld des Sports erinnert.)
Auch die Professionalisierung des Sports – eine Entwicklung gegen das sich
das olympische Komitee jahrzehntelang gestemmt hat – war in der Antike bereits
verbreitet.
Der Erfolg der Olympischen Spiele bei Teilnehmern und Publikum (ver-)führte
wie in der Neuzeit zu einer Ausweitung des Wettbewerbsprogramms – allerdings
erstreckte sich diese Entwicklung in der Antike über Jahrhunderte (siehe:
Die Disziplinen).
Auch die antiken Spiele blieben nicht von Skandalen verschont; die Versuchung
mit unlauteren Mitteln, Siege zu erringen, ist kein neues Phänomen.
Aber vor allem verbindet, dass der sportliche Wettkampfgeist, den die Griechen
kannten, im 19. und 20. Jahrhundert wiederentdeckt und wiederbelebt wurde.
Sichtbarster Ausdruck dieses neuen-alten Sportsgeistes sind die Olympischen
Spiele – damals wie heute! (siehe: Die olympische Idee: Wiederbelebung nach
1500 Jahren).
Läufer
einst |
und
jetzt: |
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Die älteste schriftliche Darstellung sportlicher Wettkämpfe bei
den Griechen findet sich in Homers Ilias. Hier werden Spiele beschrieben,
die zu Ehren des getöteten Patroklos von den fürstlichen Anführern
des griechischen Heeres veranstaltet worden sind.
Aus klassischer Zeit sind uns zahlreiche Quellen erhalten, die von einem vielfältigen
sportlichen Leben in der griechischen Antike Zeugnis geben. Eine Motivation
für sportliche Betätigung war das Anliegen, die Wehrfähigkeit
zu erhalten. Aber auch Frauen trieben Sport zur Bewahrung der Gesundheit und
zur Förderung der weiblichen Anmut.
Darstellung der Patroklos-Spiele,
attischer Krug (1. Hälfte 6. Jh. v. Chr.)
Wettkampfsport fand im Rahmen von religiösen Festen statt. Die Wettkampfveranstaltungen
wurden von den Griechen Agone genannt. Es gab viele dieser Feste, auf denen
zu Ehren der Götter Wettbewerbe im Sport, aber ebenso im Gesang, Tanz
und Drama ausgetragen wurden. Dass sich das olympische Fest auf sportliche
Bewerbe beschränkte, war ungewöhnlich. Die übrigen panhellenischen
(gesamtgriechischen) Spiele nahmen diese Beschränkung nicht vor. Bei
den Agonen wurde hart um den Sieg gerungen, der zweite Platz galt nichts,
die Niederlage bedeutete Schande. So betete mancher Athlet vor dem Wettkampf
„um Kranz [d. h. Siegeskranz] oder Tod“.
Delphi: Das Heiligtum mit Apollontempel undTheater (unten links) sowie Stadion
(oben rechts)
Der Sieg bei allen vier panhellenischen Spielen war der größte Erfolg, den ein Sportler erringen konnte. Er trug dann den Titel eines Periodoniken. Panhellenische Spiele fanden in Delphi (Pythische Spiele, zu Ehren Apollos), Korinth (Isthmische Spiele, zu Ehren Poseidons) und Nemea (Nemeische Spiele, wie die Olympischen Spiele zu Ehren von Zeus) statt. Die bedeutendsten panhellenischen Spiele aber waren die von Olympia.
Gymnische Disziplinen
Stadionlauf:
Nach antiker Überlieferung war die Kurzstrecke unter den Laufdisziplinen
der älteste Wettbewerb der Spiele von Olympia; seit 776 v. Chr. sollen
sich Sportler um das Prädikat des schnellsten Läufers bemüht
haben. Die Laufstrecke maß die Länge eines Stadions (Der Begriff
Stadion steht sowohl für die Wettkampfstätte als auch für ein
Längenmaß von 600 Fuß. Das olympische Stadion betrug 192
Meter.)
Doppellauf (gr. diaulos): Zu den 14. Olympien soll der Laufwettbewerb über
die zweifache Strecke des Stadions eingeführt worden sein. Da das antike
Stadion keine Rundbahnen hatte, nimmt man an, dass am Ende jeder Laufbahn
Holzpfosten standen, die den Läufern als Wendemarke dienten.
Langlauf
(gr. dolichos): Beim Langstreckenbewerb soll eine Strecke von 20
Stadien gelaufen worden sein, was ca. 3,8 Kilometern entspricht.
Übrigens: Der heutige Marathonlauf war natürlich keine Sportdisziplin
der Antike. Er wurde erst 1896 mit den Olympischen Spielen der Neuzeit aus
der Taufe gehoben. Die Idee dazu basierte auf der Legende vom Botenläufer,
der 490 v. Chr. den Athenern den Sieg über die Perser in der Schlacht
von Marathon meldete und danach tot zusammenbrach.
Waffenlauf:
Diese aus der militärischen Sphäre stammende Disziplin wurde 520
v. Chr. in Olympia eingeführt. Ursprünglich hatten die Athleten
in der vollen Rüstung eines Hopliten, eines griechischen Schwerbewaffneten,
d. h. mit Helm, Beinschienen, Speer und Schild einen Lauf über die doppelte
Stadionlänge zu bestreiten, später verzichtete man auf Beinschienen
und Speer.
Waffenläufer (attische Amphore, Mitte 6. Jh. v. Chr.)
Ringen:
Seit 708 v. Chr. soll der Ringkampf Bestandteil des olympischen Programms
gewesen sein. Da es keine Gewichtsklassen gab, waren schwergewichtige Athleten
bevorteilt. Die Kämpfe endeten mit dem dreimaligen Bodenkontakt eines
der Ringer.
Übrigens: Da Griffe an allen Körperbereichen erlaubt waren, entspricht
das antike Ringen dem heutigen Freistilringen eher als der modernen Disziplin
des griechisch-römischen Ringens, bei dem nur der Griffansatz oberhalb
der Gürtellinie zulässig ist!
Faustkampf (gr. pygme): Das Boxen war seit dem 7. Jahrhundert v. Chr. olympische Disziplin. Die Kämpfer umwickelten ihre Hände mit Lederriemen, die die Wirkung der Schläge verstärken sollten. Der Kampf endete mit der Kampfunfähigkeit oder der Aufgabe eines der Kontrahenten. Nicht selten führten die Kämpfe zu Verletzungen, bisweilen hatten sie auch einen tödlichen Ausgang. Durch eine Grabinschrift ist der Todesfall des Boxers Agathos Daimon überliefert, der 35-jährig im Kampf um den Olympiasieg starb.
Pankration:
Bei dieser Mischung aus Faust- und Ringkampf war außer Beißen
und Kratzen fast alles erlaubt. Entsprechend brutal verliefen die Kämpfe
dieser 648 v. Chr. in Olympia eingeführten Disziplin. Übliche Kampfpraktiken
waren Schläge, Tritte, Würfe, Luftabdrücken und Gelenkeverdrehen.
Der Kampf wurde solange ausgetragen bis einer der Gegner seine Aufgabe signalisierte.
Sieg und Tod
Die 54. Olympien des Jahres 564 v. Chr. waren die letzten Spiele, die Arrhichion
aus Phigaleia erleben sollte. Bereits zweimal hatte er im Pankration den Olympiasieg
errungen. Auch dieses Mal erreichte er den Endkampf. Dort traf er auf einen
Gegner, den er zwar besiegte, aber nicht überlebte: Sein Gegner schnürte
ihm die Luft ab und Arrhichion starb im Kampfe. Doch zuvor hatte er seinem
Kontrahenten den Zeh gebrochen. Sein Gegner, der die Schmerzen nicht ertrug,
gab den Kampf auf. Der im selben Moment gestorbene Arrhichion wurde von den
Kampfrichtern postum zum Sieger erklärt. [Pausanias VI 3,7. VIII 40,1f.
Eikones II,6]
Fünfkampf
(gr. pentathlon): Der antike Mehrkampf vereinigte die Disziplinen
Diskuswerfen, Weitsprung, Speerwurf, Laufen und Ringkampf. 708 v. Chr. soll
er erstmals in Olympia ausgetragen worden sein. Im Gegensatz zu heute standen
Diskus- und Speerwurf sowie der Weitsprung nicht als Einzeldisziplinen auf
dem olympischen Programm.
Beim Diskuswerfen fanden ca. 5 kg schwere Scheiben aus Bronze, Eisen, Blei
oder auch Stein Verwendung. Die Weitspringer nutzten Sprunggewichte in jeder
Hand. Der Sprung erfolgte wahrscheinlich in fünf aufeinander folgenden
Sätzen aus dem Stand. Die Technik des Speerwurfs unterscheidet sich von
der modernen Sportart dadurch, dass der antike Athlet das Wurfgeschoss unter
Nutzung einer Lederriemenschlaufe in die Weite katapultierte. Die Disziplin
des Laufens wurde wahrscheinlich über die Distanz eines Stadions ausgetragen.
Das Ringen im Rahmen des Fünfkampfs unterschied sich vom Einzelwettbewerb
durch die Statur der Mehrkämpfer, die gewiss nicht so schwergewichtig
waren wie die Spezialisten.
Der Fünfkampf wurde wohl in der Reihenfolge der hier erfolgten Darstellung
bestritten. Der Sieger wurde wahrscheinlich nicht nach einem Punktesystem
– wie es für heutige Mehrkampfsportarten üblich ist –
ermittelt, sondern in einem fortgesetzten Ausscheidungsverfahren.
Auf der unten abgebildeten Amphore sind 3 der 5 Disziplinen des Fünfkampfs
zu sehen (von links nach rechts): Diskuswurf, Speerwurf, Weitsprung. Die Amphore
war der Preis für den Sieger im Fünfkampf bei den panathenäischen
Wettspielen (kurz vor 500 v. Chr.)
Wettbewerbe der Trompeter und Herolde: Nichts mit unserem
heutigen Sportverständnis gemein hatten die seit 396 v. Chr. durchgeführten
Wettbewerbe der Trompeter und Herolde. Unbekannt ist, auf welche Weise diese
Wettkämpfe entschieden worden sind.
Hippische Disziplinen
Eine Attraktion
der Olympischen Spiele waren die hippischen Wettbewerbe. Die älteste
Pferdesportdisziplin Olympias soll das 680 v. Chr. eingeführte vierspännige
Wagenrennen gewesen sein; manche Forscher halten es jedoch für wahrscheinlicher,
dass das Rennen mit dem traditionelle Zweigespann (laut Überlieferung
erst seit 408 v. Chr.) früher eingeführt worden ist. 648 v. Chr.
soll dann das erste Pferderennen ausgetragen worden sein. Über die Jahrhundert
wurde das olympische Programm um eine Reihe von hippischen Wettbewerben erweitert:
Zweigespann von Maultieren, Stutenrennen, Viergespann von Fohlen, Zweigespann
von Fohlen, Fohlenrennen. Schon diese Programmausdehnung ist ein Indiz für
die außerordentliche Beliebtheit des Pferdesports bei Publikum und Teilnehmern.
Da der Pferdesport mit hohen Kosten verbunden war, konnten sich nur Angehörige
reicher und aristokratischer Familien an den Wettbewerben beteiligen. Als
Teilnehmer galten nicht die Wagenlenker oder Reiter, sondern die Besitzer
der Pferde. Auf diese Weise konnten auch Frauen Olympiasiege erringen. (Sonst
waren Frauen von der Teilnahme an olympischen Wettbewerben ausgeschlossen.
siehe: Zuschauer).
Viergespann
kurz vor dem Wendepfosten (weiße Linie), Siegespreis bei den Panathenäen
BerühmtePersönlichkeiten
errangen im Pferdesport den olympischen Siegeskranz: Philipp II. von Makedonien,
Vater Alexanders des Großen, war ebenso Olympiasieger (sogar dreifacher)
wie der spätere römische Kaiser Tiberius.
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Der Ursprung der olympischen Spiele liegt im Dunkeln. Die Randlage Olympias im Nordwesten der Peloponnes prädestinierte den Ort eigentlich nicht als eine panhellenische Kultstätte. Doch bestand hier offenbar bereits im 3. Jahrtausend v. Chr. ein Heiligtum, das Muttergottheiten gewidmet war. In mykenischer Zeit wurde in Olympia der Heros Pelops verehrt, dem die Peloponnes ihren Namen verdankt. Der Mythos besagt, dass an dieser Stelle jener Pelops, ein lydischer Königssohn, den König von Pisa (Pisa bei Olympia) in einem Wagenrennen auf Leben und Tod bezwungen hat. Erst Ende des 1. Jahrtausends v. Chr. wurde in Olympia der Zeuskult eingeführt.
Die Organisation des Festes war in den Anfangsjahrhunderten zwischen Pisaten und Eleern umstritten. Nach mehrfachem Wechsel der Zugehörigkeit Olympias hatte sich 570 v. Chr. jedoch Elis die Spiele gesichert.
In diesen frühen Jahrhunderten besaßen die Spiele nur eine regionale Bedeutung: Für die ersten 15 Olympiaden sind nur Sieger verzeichnet, die aus der Peloponnes stammten. Doch im 6. Jahrhundert v. Chr. waren die Olympischen Spiele ein überregionales Ereignis, eine „Manifestation des griechischen Nationalgefühls“ (H. Bengtson) geworden.
Krieg: Die hier dargestellte Phalanx war die im 5. Jh. übliche Kampfformation der schwerbewaffneten Fußsoldaten (Hopliten) |
Aus dem 4. vorchristlichen Jahrhundert sind uns die ersten Fälle von Korruption in Olympia überliefert: Versuche, Siege durch Bestechung zu kaufen, warfen einen Schatten auf die Spiele.
In hellenistischer Zeit dominierte das Berufsathletentum die olympischen Bewerbe. Die griechische Öffentlichkeit wie auch die Herrscher zeigten nun wieder großes Interesse an sportlichen Wettkämpfen, so dass der Ruhm, der in Olympia erworben werden konnte, bares Geld wert war.
Einen schweren Schlag versetzte der römische Gewaltherrscher Sulla Olympia: 85 v. Chr. beraubte er das Heiligtum und 80 v. Chr. verlegte er die 175. Spiele nach Rom. In der Zeit der späten römischen Republik sanken die Spiele wieder zu einem regionalen Ereignis herab.
Zu Beginn
der römischen Kaiserzeit genossen die Olympischen Spiele die Aufmerksamkeit
des Kaiserhauses: Das Viergespann des späteren Kaisers Tiberius siegte
auf den Spielen der 194. Olympiade (4 v. Chr.), der Wagen seines Stiefsohns
Germanicus im Jahr 17 n. Chr..
Eine Farce war die 211. Olympiade: Kaiser Nero ließ die Spiele von 65 n. Chr. auf das Jahr 67 verlegen, um selbst anzutreten.
Bis zur Mitte des 3. Jahrhunderts n. Chr. gediehen die Olympischen Spiele, doch für die darauffolgende Zeit werden Aufzeichnungen über die olympischen Sieger sporadischer.
Die Zerstörungsgeschichte des olympischen Heiligtums begann um 260 n. Chr., als zum Schutz vor Angriffen des germanischen Stamms der Heruler eine Festungsmauer aus Steinen abgerissener Gebäude in Olympia errichtet wurde. Es wurden noch Spiele ausgerichtet, aber wohl in kleinerem Rahmen.
Die Athleten von Olympia: Amateure und Profis
Athletenvorbereitung: Die Sportler werden durch Massage und Ölung auf den Wettbewerb vorbereitet (attischer Kelchkrater, um 500 v. Chr.) |
Bei den Olympischen Spielen waren alle (männlichen) Griechen von freier Geburt teilnahmeberechtigt. Die hippischen Disziplinen waren von jeher eine Domäne des Adels, der allein den finanziellen Hintergrund für den teuren Sport hatte. Doch auch die Teilnehmer an den gymnischen Disziplinen mussten sich die Reise nach Olympia leisten können: So verzeichneten die Siegerlisten viele Athleten, die aus der Umgebung Olympias kamen und somit geringen finanziellen Aufwand hatten.
Mit der
Bedeutung der Olympischen Spiele wuchs jedoch auch die Lukrativität von
Olympiasiegen. Bei den Olympischen Spielen waren zwar keine Preisgelder zu
erringen, doch honorierte die Heimatgemeinde einen Sieg fürstlich. Erfolgreiche
Sportler genossen ähnlich wie heute hohes Ansehen. Der
Ruhm eines Olympiasiegers verlieh auch seiner Heimatstadt Glanz. In Athen
standen aufgrund eines von Solon (ca. 640-560 v. Chr.) eingebrachten Gesetzes
jedem Olympiasieger 500 Drachmen zu (In Solons Zeit hatte eine Drachme den
Kaufwert eines Schafes!). So entwickelte sich bereits in der Antike der professionelle
Sport. Auf dem Höhepunkt der Wettkampfbegeisterung der Griechen fanden
Hunderte von Agonen (Wettkampfveranstaltungen) statt, auf denen die Profis
Preisgelder erringen konnten. Denn im Gegensatz zu den prestigeträchtigen
vier panhellenischen Spielen lockten die meisten griechischen Agone
mit materiellen Gewinnen.
In Olympia hingegen erhielten die Sieger einen Kranz aus den Zweigen eines
Ölbaums, der in der Nähe des Zeustempels wuchs. Wahrscheinlich am
sechsten Tag der Spiele, dem Abschlusstag, fanden die Siegerehrungen statt.
Statuen
und Inschriften bewahrten den Ruhm eines Olympiasiegers für die Nachwelt.
Dichtungen priesen die Leistungen der berühmten Athleten. So sind uns
die Namen der Stars der Antike bis heute erhalten geblieben.
Auch in der Antike gab es bereits gefeierte Sportstars, Athleten, die durch ihren Ruhm Geld und Einfluss gewannen und deren sportliche Leistungen legendär waren. Hier nur ein paar Beispiele: |
Die Familie
des Diagoras von Rhodos: Die Familie des Diagoras war wohl die erfolgreichste
Sportlerdynastie der Antike. Über drei Generationen konnte die Familie
außergewöhnliche Erfolge in den Kampfsportarten verzeichnen, so
dass ihr sogar göttliche Abkunft nachgesagt wurde (Hermes oder Herakles).
Diagoras errang 464 v. Chr. den Olympiasieg im Faustkampf. Als Berufsathlet
gewann er eine Reihe weiterer Wettkämpfe und war Periodonike. Ihm hat
der Dichter Pindar seine 7. Olympische Ode gewidmet. Den stolzesten Moment
in seinem Leben erlebte Diagoras jedoch nach dem Ende seine?r sportlichen
Laufbahn, als bei den Spielen 448 v. Chr. seine Söhne Akusilaos und Damagetos
am selben Tag Olympiasiege errangen (Akusilaos im Faustkampf, Damagetos im
Pankration). Übertroffen wurden sie noch von Dorieus, ihrem jüngeren
Bruder, der als Pankratiast zwischen 432 und 424 dreifacher Olympiasieger
und dreifacher Periodonike war. Nach Beendigung seiner sportlichen Karriere
wurde er ein wichtiger Politiker seiner Heimat Rhodos. Die Enkel des Diagoras,
die Söhne seiner Töchter Pherenike und Kallipateira, erkämpften
sich wahrscheinlich 404 v. Chr. Olympiasiege im Faustkampf (Eukles in der
Männerklasse, Peisirodos in der Knabenklasse).
Leonidas von Rhodos: Der erfolgreichste Läufer der Antike war Leonidas von Rhodos. Leonidas errang 12 Olympiasiege! Zwischen 164 und 152 v. Chr. beherrschte er die Laufdisziplinen: Er gewann je viermal den Stadionlauf, den Doppellauf und den Waffenlauf. Allerdings wurde Leonidas nie Periodonike. |
Seitdem der Streit zwischen Eleern und Pisaten um die Ausrichtung der Olympischen
Spiele 570 v. Chr. zugunsten von Elis entschieden war, kamen die Wettkampfrichter
der Olympischen Spiele, Hellanodiken („Griechenrichter“) genannt,
ausschließlich aus Elis. Die Hellanodiken prüften die Teilnahmeberechtigung
der Athleten, überwachten das Training in Olympia und natürlich
die Wettkämpfe. Die Zuteilung der Sportler (und Pferde) in Altersklassen
– es gab ja keine Geburtsnachweise – nahmen sie nach Augenschein
vor. Bei Regelverstößen hatten sie das Recht, körperliche
Züchtigung anzuordnen. Auch Frühstartern in den Laufdisziplinen
drohte diese Bestrafung, die durch die „Peitschenträger“
vollzogen wurde.
Schiedsrichter: Darstellung in einem etruskischen Kammergrab, Tarquinia (Toskana), 540 v. Ch |
Eine große
Rolle innerhalb des Festes nahmen die kultischen Handlungen ein. Der sportliche
Wettkampf war untrennbar mit dem sakralen Element verbunden. Die heiligen
Spiele fanden zu Ehren des Gottes Zeus statt. Das wird auch aus dem Programm
der Spiele deutlich. Für den Beginn des 5. Jahrhunderts v. Chr. wird
folgender Ablauf angenommen:
Programm der Olympischen Spiele
1. Tag
Eid der Wettkämpfer und Trainer vor der Statue des Zeus, Einteilung der
Wettkämpfer und Pferde in Altersklassen, Wettkampf der Trompeter und
Herolde
2. Tag
Wettbewerbe der Knaben und Jugendlichen
3. Tag
hippische Bewerbe (vormittags), Fünfkampf (nachmittags), Totenopfer für
Achilleus und Pelops (abends)
4. Tag
Prozession und Opfer für Zeus, Festmahl im Prytaneion (Vollmondtag)
5. Tag
Laufwettbewerbe (vormittags), Kampfsportarten, Waffenlauf (nachmittags)
6. Tag
Siegerehrung vor dem Zeustempel (morgens), Bewirtung der Sieger im Prytaneion
(abends)
Die Zuschauer der Spiele hatten – sofern sie nicht aus der nächsten
Umgebung kamen – eine beschwerliche, lange Reise auf sich zu nehmen.
Doch war die Anziehungskraft der Spiele so groß, dass offenbar viele
diese Mühen auf sich nahmen. Von einem makedonischen Bäcker wurde
berichtet, dass er das Stadion von Olympia zwölfmal besucht hat. Es ist
anzunehmen, dass die Besuche jeweils den Spielen gegolten haben, er sich also
über 44 Jahre regelmäßig in Olympia eingefunden hat. Frauen
waren nur solang sie unverheiratet waren als Zuschauerinnen zugelassen. Bei
Zuwiderhandlung drohte ihnen der Tod.
Stadion von Olympia heute
Eine mutige Frau
Von dem einzigen uns bekannten Fall, in dem eine Frau trotz Verbots den Spielen
beigewohnt hat, berichtet uns Pausanias (V 6,7-9): „Am Weg nach Olympia
... befindet sich ... ein Berg mit hohen schroffen Felsen, den man Typaion
nennt. Die Eleer haben ein Gesetz, von diesem Berg die Frauen hinabzustoßen,
wenn sie dabei ertappt worden sind, dass sie zu dem olympischen Fest gekommen
sind ... . Es soll aber noch keine ertappt worden sein außer allein
Kallipateira. Andere nennen diese selbe Pherenike und nicht Kallipateira [Anm.:
Der Faustkämpfer Diagoras aus Rhodos hatte zwei Töchter: Pherenike
und Kallipateira]. Sie richtete sich, als ihr Mann gestorben war, ganz wie
ein Sportlehrer her und brachte ihren Sohn zum Mitkämpfen nach Olympia.
Als Peisirodos siegte, übersprang Kallipateira die Umfriedung, in der
man die Sportlehrer abgetrennt hielt, und entblößte sich dabei.
Obwohl sie nun als Frau ertappt war, ließen sie sie straffrei, aus Rücksicht
auf ihren Vater und ihre Brüder und ihren Sohn. Sie alle hatten olympische
Siege erfochten, und daraufhin machte man ein Gesetz in bezug auf die Sportlehrer
inskünftig, dass sie nackt zum Kampf antreten müssten.“
Skandale
sind zu einem Bestandteil des modernen Sports geworden. Groß ist die
Versuchung sportliche Erfolge durch Betrug zu erlangen. Das Internationale
Olympische Komitee kämpft angesichts von Dopingfällen und Korruptionsvorwürfen
um die Glaubwürdigkeit der olympischen Ideale.
Faustkampf: Nicht immer gewann der Beste.
Doch auch
auf die Olympischen Spiele der Antike fiel wiederholt der Schatten von Skandalen.
Ruhm und Wohlstand, den ein Sieg in Olympia verhieß, verlockten manche
Athleten, Siege durch Bestechung zu erkaufen. Den Prestigegewinn einen Olympiasieger
zu den Bürgern der eigenen Stadt zählen zu können, veranlasste
manche Polis, einen Athleten seiner Heimatstadt abzuwerben.Insbesondere dem
antiken Reiseschriftsteller Pausanias verdanken wir die Überlieferung
einer Reihe von Skandalen [Pausanias V 21,2-18]:
Im Jahr 388 v. Chr. bestach der Boxkämpfer Eupolos aus Thessalien drei
seiner Gegner mit Geld – darunter den amtierende Olympiasieger Phormion
aus Halikarnassos. Der Betrug flog auf. Eupolos hatte das Strafgeld zur Errichtung
von sechs lebensgroßen bronzenen Zeusstatuen (genannt Zanes) zu entrichten.
:
Olympia:Sockeln von Zeusstatuen
Für das Jahr 332 v. Chr. ist der Bestechungsfall des athenischen Fünfkämpfers
Kallippos verzeichnet. Er und seine korrupten Gegner hatten gleichfalls sechs
teure Zeusstatuen zu finanzieren. Da der Athlet die nötige Summe nicht
aufbringen konnte, hatte seine Heimatstadt Athen dafür aufzukommen. Athen
versuchte sich dieser Pflicht zu entziehen, indem es zunächst einen berühmten
Redner zu den Wettkampfausrichtern nach Elis entsandte. Nachdem sich die Eleer
nicht nachgiebig zeigten, beschloss Athen die Olympischen Spiele zu boykottieren.
Doch als sich nun der Kultort Delphi mit Olympia solidarisch zeigte und Athen
das Orakel verweigerte, lenkte Athen ein und zahlte.Der Läufer Astylos
von Kroton – 488 v. Chr. Doppelolympiasieger auf den Kurzstrecken –
ließ sich vom Tyrannen von Syrakus Gelon abwerben. Auf den schimpflichen
Seitenwechsel reagierte seine Heimatstadt damit, dass sie seine Ehrenstatue
vom Sockel stieß und sein Haus in ein Gefängnis umwandelte.Die
aus den Strafgeldern errichteten bronzenen Zeusstandbilder (insgesamt 17)
mit Inschriften, die die Namen der bestraften Athleten enthielten, wurden
entlang des Durchgangs zum Stadion aufgestellt, so dass sie die Sportler beim
Eintritt in die Wettkampfstätte zur Einhaltung der Regeln mahnten (siehe
Abbildung von drei Sockel).
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Bilder aus Ruinen: Die Bauten Olympias
Das Tal von Olympia heute
1776 wurde die Stätte des alten Olympia durch den englischen Forschungsreisenden
Chandler wiederentdeckt, 1829 wurden durch die französische Expédition
de Morée die ersten wissenschaftlichen Sondierungen vorgenommen, aber
erst 1875 begann die systematische Ausgrabung Olympias unter Leitung des deutschen
Historikers Ernst Curtius.
Herakles, Fries am Zeustempel in Olympia
Ruinen des dorischen Heratempels, Anfang des 6. Jh. v. Chr. gebaut
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Die olympische Idee: Wiederbelebung nach 1500 Jahren
IOC-Mitglieder in Athen 1896: von links Gebhardt (Deutschland), Coubertin (am Tisch sitzend), Guth-Jarkovsky (Böhmen), Bikelas (Griechenland), Kemeny (Ungarn), Butowsky (Russland), Balck (Schweden) |
Am 25. November
1892 schlug der französische Baron Pierre de Coubertin bei einem Vortrag
in der Pariser Sorbonne ein internationales Sportfest vor, das dem Frieden
und der Völkerver- ständigung dienen und den Namen der berühmtesten
Wettkampfveranstaltung des Altertums tragen sollte: Olympische Spiele. Coubertin
war damit nicht der erste, der an das antike Olympia anknüpfen wollte,
indem er eine Sportveranstaltung ins Leben rief. Olympia begeisterte spätestens
seit dem Beginn der deutschen Ausgrabungen der antiken Stätten die Menschen.
Bereits vor Coubertins Vorschlag hatten „Olympien“ im nationalen
Rahmen stattgefunden (so in Griechenland). 1891 hatten der Australier J. A.
Cooper und der englische Historiker J. A. Froude „Pan-Britannische Olympische
Spiele“ angeregt. Doch nur Coubertin gelang es eine internationale Bewegung
zu begründen, die der olympischen Idee in einer erfolgreichen Veranstaltung
dauerhaft Gestalt gab.Auf einem Leibeserzieherischen Internationalen Kongress
in Paris wurde am 23. Juni 1894 die Neubegründung der Olympischen Spiele
beschlossen und ein Internationales Olympisches Komitee (IOC) gegründet.
Entgegen dem Willen Coubertins vergab das IOC die ersten Olympischen Spiele
nicht für 1900 nach Paris, sondern beschloss bereits 1896 Spiele zu veranstalten,
die im Ursprungsland der Olympischen Idee, in Athen stattfinden sollten.Am
Ostersonntag des Jahres 1896 (5. April) begannen in Athen die elftägigen
Wettkämpfe. Austragungsort war das nach antikem Vorbild errichtete Stadion,
das vom griechischen Millionär Georg Avaroff gestiftet worden war. 295
Athleten aus 13 Ländern ermittelten 42 Olympiasieger. Wie in der Antike
nahmen bei den Wettkämpfen nur Männer teil. Erfolgreichste Nation
wurden die USA (11 Olympiasiege) vor Griechenland (10) und Deutschland (7).
Erfolgreichster Sportler war der deutsche Turner Carl Schuhmann mit vier ersten
und einem dritten Platz.Seit 104 Jahren werden nun wieder Olympische Spiele
ausgetragen – eine kurze Zeitspanne im Vergleich mit den antiken Spielen.
Doch die Olympische Bewegung der Moderne hat in diesem Jahrhundert eine Reihe
schwerer Prüfungen (kriegsbedingter Ausfall von Spielen, Missbrauch durch
die Nazis, Kalter Krieg mit Boykotten, Professionalisierung des Sports) überstanden,
so dass man optimistisch auf ihre Fortdauer hoffen kann – wenn die olympische
Idee und die Wurzeln der Bewegung nicht in Vergessenheit geraten.