Die Zuschauer
Die Zuschauer der Spiele hatten – sofern sie nicht aus der nächsten
Umgebung kamen – eine beschwerliche, lange Reise auf sich zu nehmen. Doch
war die Anziehungskraft der Spiele so groß, dass offenbar viele diese
Mühen auf sich nahmen. Von einem makedonischen Bäcker wurde berichtet,
dass er das Stadion von Olympia zwölfmal besucht hat. Es ist anzunehmen,
dass die Besuche jeweils den Spielen gegolten haben, er sich also über
44 Jahre regelmäßig in Olympia eingefunden hat. Frauen waren nur
solang sie unverheiratet waren als Zuschauerinnen zugelassen. Bei Zuwiderhandlung
drohte ihnen der Tod.
Stadion
von Olympia heute
Eine mutige Frau
Von dem einzigen uns bekannten Fall, in dem eine Frau trotz Verbots den Spielen
beigewohnt hat, berichtet uns Pausanias (V 6,7-9): „Am Weg nach Olympia
... befindet sich ... ein Berg mit hohen schroffen Felsen, den man Typaion nennt.
Die Eleer haben ein Gesetz, von diesem Berg die Frauen hinabzustoßen,
wenn sie dabei ertappt worden sind, dass sie zu dem olympischen Fest gekommen
sind ... . Es soll aber noch keine ertappt worden sein außer allein Kallipateira.
Andere nennen diese selbe Pherenike und nicht Kallipateira [Anm.: Der Faustkämpfer
Diagoras aus Rhodos hatte zwei Töchter: Pherenike und Kallipateira]. Sie
richtete sich, als ihr Mann gestorben war, ganz wie ein Sportlehrer her und
brachte ihren Sohn zum Mitkämpfen nach Olympia. Als Peisirodos siegte,
übersprang Kallipateira die Umfriedung, in der man die Sportlehrer abgetrennt
hielt, und entblößte sich dabei. Obwohl sie nun als Frau ertappt
war, ließen sie sie straffrei, aus Rücksicht auf ihren Vater und
ihre Brüder und ihren Sohn. Sie alle hatten olympische Siege erfochten,
und daraufhin machte man ein Gesetz in bezug auf die Sportlehrer inskünftig,
dass sie nackt zum Kampf antreten müssten.“