Im shandorianischen Marinestützpunkt, nahe des Shandoriameeres [Anthonys Büro]
Im kleinen, schwach erleuchteten Kämmerchen hatte sich Anthony wieder an seine Dokumente gesetzt. Bedauerlicherweise verstand er nur ungefähr die Hälfte von dem, was in diesen Schiffspapieren stand, weswegen er sie nach einer halben Stunde entnervt zur Seite legte und aufstand, um seine Gedanken vor der Abreise noch einmal zu ordnen. Er ging die paar Schritte durch das Zimmer, die der Platz erlaubten und versuchte, sich zu beruhigen. In wenigen war die große Stunde gekommen...zurück in den Kampfeinsatz. Im Medialozean war es erneut zu Scharmützeln zwischen Handelsschiffen und Piraten gekommen, zwei Handelsrouten waren bereits völlig unbrauchbar geworden und dadurch konnten wichtige Handelsabkommen mit Ishtonia nicht eingehalten werden. Anthony wusste, dass sich so ein Konflikt anbahnen würde, der der Seeschlacht zwischen den beiden Kontinenten in nichts nachstehen würde. Schon damals waren Piraten der Auslöser gewesen. Und dann dieser Montraínt...was führte er wohl im Schilde? Anthony wusste so gut wie nichts über den Leutnant, der ihn in den anstehenden Kampf begleiten sollte. In diesem Moment klopfte es leise an der Tür. "Leutnant? Leutnant Martin sind sie wach? Hier spricht Barnes." Erfreut, endlich eine Stimme zu hören, die ihn aus seinen Gedanken riss, antwortete Anthony. "Kommen sie rein Barnes" Die Tür öffnete sich und der Offizier trat ein. In der Hand hielt er eine Kaffeetasse, die herrlich dampfte. "Guten Morgen Sir...", begann Barnes. "Ich wollte sie nur davon in Kenntnis setzen, dass der Kanonier des Narbengrat vor zehn Minuten an der Dorian May eingetroffen ist." "Sehr gut!", entgegnete Anthony erfreut. "Wie kommt er zurecht?" "Oh, er hat sich lediglich von der Mannschaft das Geschützdeck zeigen lassen und ging dann zu Bett.", antwortete Barnes. "Er machte mir einen recht professionellen Eindruck, obwohl er genau so ein Schläger zu sein scheint, wie der Rest von Montraínts Truppe." "Leutnant Montraínt für sie Barnes. Ich bitte sie...", Anthony klang ernst. "Natürlich Sir...Tut mir Leid.", erwiderte Barnes verlegen. "Ich war übrigens der Meinung, sie könnten diese hier gebrauchen...", fuhr er fort und reichte Anthony den Kaffee. Er war noch heiß und duftete verführerisch. Mit Freuden nahm er den Kaffee an sich. "Vielen Dank Barnes...", dankte er seinem Offizier von Herzen. "Ich glaube, das ist genau, was ich jetzt brauche..." Seufzend lies er sich auf seinem Schreibtisch nieder und nippte an dem heißen Getränk. Es schmeckte köstlich, doch die Worte von Saix hinterließen einen bitteren Nachgeschmack. Denn ihr werdet ihn verlieren... "Barnes...", begann Anthony ernst. "Sir?", erwiderte Barnes verwundert. "Ist der Kaffee in Ordnung?" "Der Kaffee ist wunderbar...", entgegnete Anthony. "Bitte setzen sie sich, ich muss mit ihnen reden." Immer noch verwundert lies sich Barnes unsicher auf einem Schemel nieder. "Ich habe sie von meinen Männern immer als den Fähigsten erlebt Barnes..." "Danke Sir." "Und ich habe sie bei Admiral Ivanov als Leutnant vorgeschlagen." "Sir...", entgegnete Barnes atemlos. "D..Danke!" "Die anstehende Reise wird gefährlich, und unser Ziel ist der Krieg. Sie dienen unter einem unerfahrenen Leutnant und der Kanonier unseres Schiffes ist segelunfähig.", fuhr Anthony ernst fort. "Worauf wollen sie hinaus Sir? Ich habe sie stets als klugen und verlässlichen Kommandanten erlebt." "Ich danke ihnen...Aber ich möchte, dass sie diesesmal nicht mit mir segeln." "Was?", erwiderte Barnes geshockt. "Sie haben eine großartige Zukunft in der Marine vor sich Barnes. Ihre Geschichte soll nicht in einer Schlacht enden, weil ihr Leutnant eine Fehlentscheidung getroffen hat." "S..Sir ich glaube nicht..." "Bitte Barnes...Bitte melden sie sich so schnell wie möglich bei Admiral Ivanov und machen sie die Leutnantsprüfung. Sie sind das letzte mal mit mir gesegelt." Anthony erhob sich, stellte die Kaffeetasse beiseite und reichte Barnes die Hand. "Viel Glück Offizier Barnes", sagte er feierlich und traurig zugleich. "Ich wünsche ihnen alles Gute." Barnes griff die Hand des Leutnants. "Ihnen auch Sir", erwiderte Barnes. "Gehen sie jetzt...", ermutigte Anthony den zögernden Barnes. "Gehen sie schlafen."
Als Barnes den Raum verlassen hatte, war es nur noch eine halbe Stunde bis zur Abreise. Anthony war erstaunt, wie leicht ihm die Arbeit nun von der Hand ging, seine Hand kritzelte unaufhörlich in die Dokumente und pünktlich zur Abreise war alles bereit. Anthony kleidete sich an, klemmte die Dokumente unter den Arm und verließ sein Büro, in dem guten Gewissen, endlich etwas getan zu haben, was seinem Dienstgrad entsprach...
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