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 Betreff des Beitrags: Weihnachtsgeschichte 2011
BeitragVerfasst: Mo Dez 12, 2011 16:14 
Ich melde mich mal zurück, um meine aktuelle Weihnachtsgeschichte zu posten. Hat schließlich Tradition, und die Schweizer sind sehr traditionsbewusst. (Unspunnen, Konkordanz etc.)


Weihnachtsgeschichte 2011

Der Schauplatz dieser einzigartigen Tragödie war die Grundschule, die einzige übrigens im seit 2007 fusionierten Überbüch-Röslisbach, vor der Namensreform Überbauchen-Rosensbach, Kanton St. Gallen, Schweiz.

Der Kirchturm schlug acht Uhr morgens, wobei die Glockenschläge wie üblich von den Kuhglocken übertönt wurden, die vierundzwanzig Stunden am Tag und dreihundertfünfundsechzig Tage im Jahr eine für Helvetier heimatliche Geräuschkulisse bildeten, welche gelegentlich mal vom lauten Aufmuhen eines paarungsbereiten Stiers untermalt wurde.
Ein ganz gewöhnlicher Dezembertag; der Schnee lag bereits einvernehmend auf allen zweiundachtzig Gebäuden des Dorfes, und die einzigen Lichtquellen zu jener Zeit waren die Bäckerei, das Schlachthaus, das SVP-Lokal und eben die Grundschule, die von gut vierzig Schülern im Alter zwischen sechs und dreizehn Jahren besucht wurde.

Frau Springer, 46 und ledig, betrat den Saal, und alle Kinder ihrer fünften Klasse erhoben sich artig und ließen ein unterwürfigstes Grüeziwohl erklingen, welches die Mundwinkel – oder zumindest den rechten – der dauerfrustrierte Pädagogin einmalig erheben ließ. Sobald jene wieder in ihrer ursprünglichen Position angelangt waren, begann wie immer der Unterricht. An jenem Dienstag stand zuerst Deutsch auf dem Plan.
„Dann nehmt mal alle eure Deutschhefte hervor, liebe Kinder“, forderte Springer die Schüler auf, nachdem sie einen ersten Schluck Kaffee genommen hatte und sich bereit fühlte.
Youssuf jedoch ließ es gleich darauf ankommen. „Ich nicht haben Deutschbuch dabei, Entschuldigung sehr!“, rief er lautstark. Die Wutzentrale in Springers Gehirn wurde jedoch bereits aktiv, bevor der einzige Schüler mit Migrationshintergrund überhaupt etwas sagen konnte.
„Man streckt doch auf, du Depp! Noch einmal, und jetzt gefälligst in richtigem Deutsch, oder willst du jetzt bereits schon Grüezi zu meinem Bambusstab sagen müssen?“
„Entschuldigung Sie, Entschuldigung“, so Youssuf, bevor er artigst seine Hand erhob.
„Ja, Youssuf?“
„Ja Sie, ich haben Deutschheft nicht dabei, oder.“
„Das habe ich bereits gehört!!“
„Ja, aber Sie…“
„Es langt!!“
Springer zückte mit einer bereits vollständig automatisierten Bewegung ihren Bambusstab, der immer griffbereit neben ihrer Kaffeetasse lag, ging bedrohlich auf den Ausländer zu und haute ihm mit voller Wucht auf die rechte Hand. Dann fiel ihr ein, dass Youssuf zu allem Übel auch noch Linkshänder war, und setzte gleich noch zu einem Schlag auf die linke Hand an, der sich als noch heftiger entpuppte. Tränen strömten aus dem Gesicht des Zehnjährigen, der daraufhin wimmernd und brav auf seinem Platz erstarrte. Das überlebensgroße Portrait Christoph Blochers, welches über dem Klassenklavier hing und mit seiner zentralen Position an die guten alten Zeiten im benachbarten Deutschland erinnerte, schien daraufhin noch mehr bösartig zu grinsen als zuvor, und Springer erlebte bei dieser Vision einen subtilen Orgasmus, der sich in einem leichten Zucken auf ihrem Lehrerstuhl äußerte. Sie ließ sich aber sonst nichts anmerken.

Alle anderen braven Kinder hatten ihre Deutschbücher artig vor sich liegen und ihre Füllfedern griffbereit. Das stimmte Springer wohlwollend, und so ließ sie daraufhin verkünden, dass sie den Unterricht jetzt aber – Überraschung! – doch nicht gleich beginnen würde, weil sie zur Feier der Adventstage zuerst eine kleine Geschichte aus ihrem von der SVP gesponserten Adventstagebuch vorlesen wollte.

„Das schwarze Schaf und der Nikolaus.

Heute kommt der Nikolaus!
Er gibt auch schön Geschenke aus
An alle Kinder lieb und brav,
doch nicht an jenes schwarze Schaf,
das Abendland nicht schätzen mag
und uns verdirbt auch jeden Tag
mit seinen Türmen überall
und dem groß’ Kulturzerfall.
(…)
Ruprecht, Knecht und treuer Wähler,
auch bekannt als Moslempfähler,
lässt die Rute heute schwingen,
wenn nicht alle Kinder singen!“

Dieser Befehl in lyrischer Form, geschrieben von treuer Wählerhand, ließ bei den Kindern ein Licht aufgehen, hatte die Klasse doch bereits Tags zuvor fleißig das weihnachtliche Singen eingeübt. Springer war ihnen jedoch wieder einen Schritt zuvor und hielt bereits den hölzernen Taktstock in der Hand, den ein kleiner Jesus am linken und ein kleiner Toni Brunner am rechten Griff zierten.
„Und eins, und zwei, und drei, und vier…!“, und es erklang ein eunuchenes „Stille Nacht, Heilige Nacht“. Nur Youssuf war immer noch versteinert, doch es wäre auch eine Schande gewesen, wenn dieser Zwiebelfresser der stillen und heiligen Nacht gehuldigt hätte.

Jedoch war, sehr zu Springers Überraschung und Leidwesen, außer dem Moslem auch noch ein anderer Schüler, oder besser gesagt, eine andere Schülerin nicht beteiligt am Gesang. Die erfahrene Pädagogin, immer noch rhythmisch den Taktstock schwingend, ließ sich davon vorerst nicht aus der Ruhe bringen, könnte einer der Gründe schließlich auch einfach ein Vergessen des Textes sein, was sie als nicht allzu tragisch wertete, besaß das Mädchen ihres Wissens nach doch schließlich den roten Pass. Dennoch leicht und merklich genervt, ging sie dann zu „O du fröhliche“ über, und als sie bemerkte, dass dieses Mädchen immer noch mit verschlossenen Lippen in ihrem Stuhl kauerte, wurde es ihr zu bunt.
„So, Stopp, alle zusammen! Gopfertami, Gabriela, was soll das werden? Warum singst du nicht mit uns?“
Gabriela antwortete nach drei Sekunden immer noch nicht, und pures Adrenalin durchströmte bereits Springers Venen, die, vor lauter Wut ganz rot im Gesicht und aus den Ohren sprichwörtlich dampfend, den Bambusstab ergriff und damit begann, unkontrolliert in die Luft zu schlagen. Das Problem mit der Luft war nur, dass sie nicht schmerzverzerrt schreien konnte. Also marschierte die Pädagogin wieder in ihrem üblichen „Jetzt bist du dran“-Gang zu Gabrielas Pult und starrte ihr mit funkelndem Blick in die Augen. Jene erwiderte mit Tränen, die ihr über die roten Wangen kullerten. Ein abgewürgtes Schluchzen erklang, und just in dem Moment kam der erste Schlag, der seine Prämiere auf Gabrielas rechtem Ohr feierte und sein Revier mit einem sichtbaren roten Streifen markierte. Weitere sollten folgen. Das linke Ohr, die Finger, der Rücken. Doch sie sprach einfach nicht! Mittlerweile absolut zur Furie geworden, packte die gut einen Meter siebzig große Lehrerin das Mädchen an der Taille, hob es hoch, riss ihm den Rock runter und schlug ihm vor allen anderen Schülern erbarmungslos auf den blanken Hintern. Und wieder, und wieder. Jetzt weinte sie endlich.
„So, willst du immer noch nicht sprechen, Satansbrut?“
„Ich… ich… huäääh!!“
„Gut, wie du willst, friss das!“
Springer, zu ihrer Universitätszeit leidenschaftliche Rugby-Spielerin, schleuderte das Mädchen kopfvoran in die offen stehende Wandtafel. Ein blutiges Rot zierte die in Bindeschrift schon vorgeschriebene Überschrift „Der Stern Bethlehem“ – eigentlich heutiges Thema. Das Mädchen lag nun reglos vor der Wandtafel und eine kleine Blutlache bildete sich. Nun erinnerte sich Springer daran, dass ihre Eltern ja bei den Zeugen Jehovas waren. Geschah ihr also ganz recht.

Plötzlich öffnete der Nikolaus die Tür, und Springer, eben noch in einer nachdenklich-wütenden Pose, verfiel in spontane Euphorie.
„So, liebe Kinder, nachdem wir diesen Zwischenfall hinter uns gebracht haben, begrüßen wir nun den lieben Nikolaus, der uns heute reich mit Mandarinen und Erdnüssen beschenken wird!“

Der gute Nikolaus hatte aber andere Pläne und ließ unter seinem braunen Gewand eine Uzi hervorkommen, mit der er restlos alle im Raum anwesenden und schlussendlich sich selber abknallte.

Stille Nacht,
heilige Nacht,
alles schläft,
Einsam wacht.

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