Vielen Dank für eure Eindrücke!
Donbask hat geschrieben:
Kann gut nachvollziehen, was Du meinst, doch bin ich der Meinung, dass Filme nie dazu gedient haben/es nie erreichen konnten, die Realität darzustellen, wenn es sich nicht gerade um Dokumentationen handelte, die unbearbeitete Aufnahmen nicht gestellter Geschehnisse und nicht schauspielender Personen zeigten.
Das würde ich so gar nicht zwangsläufig unterschreiben wollen. Ich habe zwar nur ein Semester lang Theater-, Film- und Medienwissenschaft studiert, aber zu den Inhalten, die ich daraus mitgenommen habe, zählt auch der weitgehende filmwissenschaftliche Konsens, dass man sich den Anspruch einer Dokumentation nichts als die nackte Realität abzubilden als Ideal vorstellen muss, das praktisch nicht völlig erreicht werden kann. Beispielsweise durch die Art der Montage verschiedener Einstellungen und die Auswahl des Materials, das im fertigen Werk vorkommen soll, bleibt immer - und sei es nur unterbewusst - ein gewisses Maß an Subjektivität am Film haften, was die Vorstellung der Möglichkeit einer gänzlich unverfälschten Darstellung der Realität zur Illusion macht. May someone strike me down if I'm wrong!
Donbask hat geschrieben:
Im Gegenteil waren Filme und Schauspiel im Allgemeinen gezwungenermaßen stets abstrakt und sollen vordergründig unterhalten/faszinieren und/oder eine Botschaft vermitteln.
Es ist deshalb eigentlich gar nicht möglich, sich beim Anschauen eines Films nicht in eine Fantasiewelt zu begeben, die man am Ende des Films (leider/glücklicherweise) wieder verlassen muss.
Wenn du meine Worte so sehr auf die Goldwaage legst, dann hast du sicherlich recht.

Abgesehen davon, dass ich (wie schon sinngemäß festgehalten) ein kleines Problem damit habe, Dokumentationen als konkret und Spielfilme als abstrakt anzusehen (u.a. aus oben genanntem Grund wie auch deshalb, weil es auch Spielfilme mit einem mehr oder weniger weit reichenden Authentizitätsanspruch gibt, Dokumentationen mit gestellten Szenen und nicht zuletzt auch völlige Mischformen, das weiß gerade ich als Landsmann von
Ulrich Seidl sehr gut), ist es dann wohl nicht das Vorhandensein eines starken abstrakten Elementes, das mir Probleme macht, sondern eher die Aufbereitung dieser Abstraktion.
Wie schon im zweiten Absatz meines letzten Posts beschrieben habe ich gewisse Probleme damit in mich hineinzuhorchen, um festzustellen, welche Faktoren eines Eskapismus die Seherfahrung für mich so problematisch machen. Ich weiß auch nicht, ob man alle Filme über einen Kamm scheren kann, oder ob die Gründe nicht etwas vielfältiger sind als man meinen könnte. Bei "LotR" muss ich auch leider einfach sagen, dass es etwas zu lange her ist, als dass ich sagen könnte, was das Erlebnis für mich so getrübt hat. Ich seh mir Filme ja heute auch etwas anders an als noch vor einigen Jahren.
Donbask hat geschrieben:
Und ich persönlich bin ganz froh, dass es einige Filme mit ganz grandiosen Fantasiewelten gibt, in die man sich für den Moment des Anschauens verflüchtigen kann.

Wenn man sich einen Film ansieht, ist das nicht in einem mehr oder weniger großen Maß immer eine Form von Verflüchtigung? Oder gibt es bestimmte Menschen mit einem derart analytischen Blick, dass ihnen eine gänzlich andere, kopflastigere Art zu eigen ist, aus Filmkonsum bzw. -rezeption Befriedigung zu schöpfen? Wäre diskutierenswert.
Donbask hat geschrieben:
Die Sehnsucht nach diesen Welten darf natürlich nicht zu stark werden. ^^
Ach, ich weiß nicht einmal, ob das wirklich das Problem ist, zumindest im Falle von "LotR". Ich würde ja auch ungern in einer Welt auf dem technologischen Stand des Mittelalters leben, die von dunklen Horden in den Abgrund gerissen zu werden droht.
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I want to believe
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as a man on his back
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