Spät aber doch danke ich euch für die paar Kommentare, die wir doch zusammenbekommen haben. Ich möchte gern noch zwei Dinge nachreichen, und zwar nun doch den Artikel auf Deutsch inklusive einer schmerzhaften "Alter"- und "Digga"-Offensive, was in der Übersetzung zwangsläufig untergehen musste. Wogegen ich persönlich ja absolut nichts habe. Abrufbar
hier ("Abschalten, Digger" <---> "Just shut them down, man"). Zweitens möchte ich gern noch auf ein paar Leserbriefe verweisen, teilweise auch von Brancheninsidern, abrufbar
hier, die dieses Interview noch einmal recht interessant von verschiedenen Seiten beleuchten.
Vor allem auf Xhis monströse Darlegung möchte ich ganz gerne noch etwas eingehen. Du bestehst nun darauf, dass Informationen - und dass du
zumindest in dieser Hinsicht augenscheinlich zwischen einem Ulver-Stück und einer Knopfannähanleitung keinen Unterschied machst, das haben wir ja schon durchgekaut ("Alles ist Information, Niotq.") - frei seien bzw. zu sein hätten, dass Kunst allen gehöre. Ich arbeite dran, dieser Sache mit derselben Selbstverständlichkeit zu begegnen. Ich habe ja schon in früheren Diskussionen meine Zweifel daran geäußert, dass sich die Kaufmoral der Musikinteressierten im Schnitt wirklich zum Besseren ändern würde. Eine erste Stufe in Richtung dieser reizenden, kleinen "Kunst ist für alle da"-Utopie war ja die von dir angesprochene Musikkassette, und mit dem Internet geht es munter in Riesenschritten weiter, und wenn Wolfgang Voigt, auf den ich hier nochmal verweisen möchte (ja, ich bin mir vollkommen darüber im Klaren, dass er hier nicht als Musiker, sondern als Labelbesitzer spricht) meint, dass er aufgrund von "Schwarzbrennen und illegalem Herunterladen" seinen Backkatalog verhungern lassen muss, kommen mir manchmal gewisse Bedenken. Aber denken wir mal in eine andere Richtung, wenn ich schon von Labels rede: Hältst du denn auch das klassische Konzept des Labels - ob groß oder klein - für obsolet und siehst die wünschenswerte Zukunft der Musik in DIY o.Ä.? Jan Delay meint ja im Interview, er sei auf sein Label angewiesen, meint, er benötige diese riesige Infrastruktur, die nun einmal zur Vermarktung eines Künstlers dazugehört. Aber wenn ich mir dann so etwas anschaue...
Jan Delay hat geschrieben:
Viel bleibt nicht übrig, vor allem wenn du so aufwendige Videos drehst wie zum Beispiel mein "Oh Jonny". Da musst du schon ein Platin-Album haben, also 200 000 Einheiten verkaufen wie ich jetzt, damit man am Ende vielleicht ein bisschen verdient.
...stelle ich mir die Frage, ob so etwas wirklich zielführend ist. Man muss natürlich keine sauteuren Videos drehen - und das sage ich als ausdrücklicher Freund des Mediums Musikvideo -, aber wenn man, wenn man das eben doch will, nicht einmal mit einem Platinalbum finanziell einigermaßen was abschöpfen kann, muss man sich fragen, wie man einem Künstler, der kein Platinalbum abliefert, ein einigermaßen gesichertes Auskommen ermöglichen kann. Insbesondere in der von dir herbeigesehnten Utopie mit der frei verfügbaren Kunst ohne geistiges Eigentum. Kain - es muss wohl einige hundert Edits her sein - hat sich in seinem Post in diesem Zusammenhang für eine urtypische linke Forderung ausgesprochen, die Grundsicherung, denn - kein exakter Wortlaut - wenn man als Kunstschaffender denkt, die Arbeit, die man verrichtet, sei mehr wert als die Arbeit einer alleinerziehenden Reinigungskraft, sollte man vielleicht einmal von seinem hohen Ross herunterkommen. Man überlege sich, was das für Bands hieße, die hochwertige Musik aus Spaß an der Freude machen, und nicht, um damit reich zu werden. Großartigen Bands wie
Aereogramme wäre der "neverending financial struggle", dessentwegen sie sich bedauerlicherweise aufgelöst haben, so um einiges erleichtert worden. Wäre das denn eine Lösung?
Zuletzt will ich noch auf einen Punkt gegen Ende zu sprechen kommen, der mich etwas irritiert: Diese schablonenhafte Schwarz-Weiß-Zeichnung der Kunstschaffenden, auf der einen Seite jene, denen es vordergründig darum geht, etwas zu schaffen, das einen... nennen wir es "Beitrag zur Menschheit" darstellt, auf der anderen Seite jene, die Geld verdienen wollen. Kann man es einem Künstler denn übelnehmen, dass er darauf aus ist, mit großartiger Musik auch etwas mehr zu erreichen als das bloße finanzielle Auskommen? Ich frage ja nur.
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and we all can go home
'cause there's nothing as sad
as a man on his back
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