Helenarrrrr hat geschrieben:
Der Text prangert im Grunde Altlasten der Gesellschaft an, seien es Organisationsformen, Unterdrückungskultur oder "verfaulte Menschheit", es gibt einige Möglichkeiten, das zu fassen; die Behauptung: Schuld sind immer das System und die anderen, das Individuum kann sich in dieser feindlichen Welt nicht behaupten, wird kleingemacht/assimiliert. Die nächste Behauptung: Würde auch nur einer gegen all das aufstehen und seine ehrliche Meinung dazu verbreiten, würden das System und die anderen zerbrechen.
Der Text spricht von Überbau und Fundament im Bezug auf "Welt" (vielleicht noch auf "Menschheit"). Er verliert kein Wort über ein "System"; ein Wort übrigens, das Du aus dieser Textpassage, ebenso wie "Gesellschaft", heraus- bzw. in sie hineininterpretierst. Wenn im Text etwas (explizit) angeprangert wird, dann "Menschheit" und "Welt", nicht "System" und "Gesellschaft". (Notabene sprichst Du hier von "kleinmachen", Kain hatte Dich also richtig zitiert.

)
Zitat:
Das nun wieder scheint mir alles völlig unzeitgemäß und verträumt bzw. wirkt wie die Haltung, die man einnimmt, gerade, wenn man nicht klarkommt; defensiv und vorwurfsvoll. Mein Scheitern, das trägt das Allgemeinwesen. Und das ist nichts als Selbstaufgabe.
"Vorwurfsvoll": ja; "defensiv": jein. "Selbstaufgabe" definitiv: nein. Der Ton der Textpassage ist alles andere als resignativ. Ganz im Gegenteil, der Text spricht von einem Aufbegehren gegen das Bestehende, denn:
...und seine Worte sind immer stärker als das verlogene, erdrückende Gewicht der Welt, stärker als all die Foltern und Räder, die die Feigen erfinden, um das Wunder der Persönlichkeit zu vernichten. Also definitiv keine "Selbstaufgabe".
Zitat:
Frei nach Funny van Dannens "Der Aufschwung fängt bei jedem persönlich an." kann man gerade hier und heute überraschend frei handeln und sich sein Leben wählen; sicher gibt es Leute, die Szenekulturen verachten, aber ich habe noch nicht erlebt, dass die das stört und erst recht nicht, dass diese ihre Wahl deswegen aufgeben. Anpassung ist sicherlich von einigen erwünscht, aber heute nicht mehr aufgezwungen. Von Religionsfreiheit bis zur Freiheit in so ziemlich jedem Bereich des eigenen Lebens: Alles, was man hinkriegen muss, ist, sich irgendwie zu ernähren. Man hat die Wahl, ob man Rattenrennen spielt oder halt nicht.
Dies zu behaupten, ist ebenfalls "närrisch" und "romantisch", wie das Anprangern der Welt, das Du kritisierst (siehe folgendes Zitat), das ich jedoch anders sehe. Mich würde interessieren, was so närrisch und romantisch daran ist, die Welt anzuprangern. Sie liefert genügend Beispiele, um sie zu loben, aber ebenso viele, um sie anzuprangern (dasselbe trifft imo auch auf den (einzelnen) Menschen zu).
Zitat:
Wem mache ich also einen Vorwurf? Nicht denen, die gescheitert sind - das kann aus allerlei Gründen geschehen, und sei es nur dummer Zufall -, sondern denen, die nicht imstande sind, Verantwortung für ihr Leben und Tun zu übernehmen, kurzum, dem unmündigen Verstand. Der möge doch in die Hufe kommen.
Also, wenn das immer noch auf den Miller-Text bezogen ist, dann möchte ich wissen, wo der Text "Unmündigkeit" andeutet. Ich würde eher vom Gegenteil sprechen, nämlich dass gerade "Welt" und "Menschheit" den Einzelnen unmündig machen:
Wenn in Abständen von Jahrhunderten ein Mensch mit einem verzweifelten, hungrigen Blick in den Augen auftritt, ein Mensch, der die ganze Welt umwälzen würde, um ein neues Geschlecht zu schaffen, wird die Liebe, die er in die Welt mitbringt, in Bitterkeit verwandelt, und er wird zur Geißel.Aber mittlerweile habt ihr beiden (Fran und Kain) euch schon vom Text entfernt und seid ganz woanders gelandet. Ich weiß also nicht, ob das noch textbezogen war oder nicht.
