Als die Türe sich öffnete führte diese zu einem weiterem Gang, der sein Ende nicht all zu weit von der Gruppe entfernt zu haben schien. Die Blutspur machte es der Gruppe recht einfach, sich zurecht zu finden und zu wissen, wo sie hin mussten. Und da es nicht mehr Blut wurde schien es, als wären Stanislav und Cilia von ihren beiden Kontrahenten weiterhin bedroht und fort geführt worden.
Der Gang selbst war weiß gefließt, aber dennoch spärlich beleuchtet. Es schien, als wären hier wohl Labors eingerichtet, allerdings schienen die Türen der Labors verriegelt zu sein. Sie wiesen weder Türgriffe, Schlösser, noch einen sichtbaren Schließmechanismus auf. Lediglich eine rote Lampe am oberem Rand der Türe, mittig angeordnet, ließ auf den Zustand schließen. Sein übriges tat ein Versuch Silvios, eine dieser Türen zu öffnen. Auf der anderen seite... wollte er wirklich wissen, woran hier... geforscht wurde? Super-Nazis vielleicht, die allein durch diese verriegelte Tür dort gehalten wurden, wo sie sich gegenwärtig befanden? Nein... in keinem Film ging das gut, wenn in einem Forschungstrakt eine verriegelte Türe geöffnet wurde, nur um nachzusehen, was sich dort befand. Und meist ging das einher damit, dass von einer offensichtlichen Spur abgewichen wurde... und diese offensichtliche Spur führte die Gruppe ganz woanders hin...
Wieder nahmen sie alle ihren Mut zusammen und öffneten die Türe, zu der auch die Blutspur führte. Durch diese Türe landeten sie - einen Zwischenraum passierend, in dem sich neben der Türe ein Kartenleser und auf dem Boden einige Spielkartenschnipsel befanden - in den Eingangsbereich des Herrenhauses gelangten. Nur Fleece schien für einen Moment den Gedanken zu haben, dass sie vielleicht schlimmes hätten verhindern können. Klar... die Spielkarten, von denen vor einiger Zeit die Rede war... sie waren Passierscheine für diese Tür... doch dafür schien es zu spät... ein "hätte" würde in der Gegenwart rein garnichts mehr ändern können.
...
An die rechte Wand gelehnt, nicht weit von der Gruppe entfernt (nahe der Türe zum Speisesaal) saß Stanislav. Blut befand sich an mehreren Stellen des Eingangsbereichs auf dem Boden. Einige Vasen, Bilder und Kerzenhalter lagen auf dem Boden, als hätte ein Kampf stattgefunden. Bei Stanislav kniete Cilia am Boden, mit einer Haarnadel eine Pistolenkugel haltend, die sie ihm wohl gerade eben aus der Wunde geholt hatte. Stanislavs schmerzverzerrtes Gesicht und die Tränen, die Cilia die Wange hinab liefen machten deutlich, dass wohl jede Rettung für Stanislav zu spät zu kommen schien. Nichts desto trotz band Cilia die Wunde mit einem Druckverband ab, den sie routiniert und absolut fachmännisch anlegte. Sie bemerkte die Gruppe nicht...
Für einen kurzen Moment schien eine Szene durch Romans Kopf zu schnellen...
Roman sah, wie Stanislav sich in einem Badezimmer befand, auf dem Boden Kniend, sich in die Toilettenschüssel übergebend. Mehrmals... er atmete angestrengt zwischen den Pausen des sich übergebens, ehe sich die Türe zum Badezimmer öffnete und Cilia herein trat. Cilia: "Stanislav... du... es ist nichts passiert..." Stanislav: "Und was, wenn das alles gescheitert wäre? Was, wenn das Wasser aus dieser Quelle nichts weiter als ein Mytos gewesen wäre? Dein Gemahl weiß von uns... und unserer Verbindung, Cilia. Er drohte, uns beide als Hochverräter zu enttarnen, was für uns beide das Konzentrationslager bedeutet hätte. Und wenn das mit dem Wasser gescheitert wäre, hätte ich mich selbst gerichtet und die Strafe dafür in Kauf genommen, aus meiner Feigheit heraus meine große Liebe ermordet zu haben." Cilia: "Du hattest keine Wahl, Stanislav..." Cilia liefen Tränen die Wange hinab, sie schritt auf Stanislav zu, während dieser seine Hand in abwehrender Geste nach ihr ausstreckte. Stanislav: "Cilia... ich habe dich getötet... aus Feigheit..." Cilia fiel Stanislav um den Hals und weinte bitterlich. Er schloss sie in die Arme und weinte ebenso...
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Roman blinzelte...
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Er öffnete die Augen und sah, wie Stanislav von zahlreichen anderen Nazi-Soldaten angegriffen wurde. Er schien sich gegen die schiere Übermacht behaupten zu können, traten sie doch lediglich mit ihren Fäusten gegen ihn an. Acht von ihnen konnte er nieder schlagen, doch schließlich wurde er gepackt und in den Keller geschleift. Dort angelangt, warfen sie ihn in eine Kiste und schlugen ihn dort bewusstlos, ehe der Decke auf der Kiste festgenagelt wurde...
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Roman blinzelte...
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Er sah den Grafen, wie er Cilia in den Armen hielt, die bitterlich weinte. Franz Xaver: "Stanislav ist gegangen, mein Liebes. Er wurde an die Front geschickt, wo er im Feuergefecht gefallen ist... ich weiß... du liebtest ihn, doch... ich verzeihe dir."
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Roman blinzelte...
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Diesmal sah er den Grafen vor einem OP-Tisch stehen und eher zufällig auch einen Kalender, der sechs Jahre in der Vergangenheit datiert war. Ein Butler erhob sich vom OP-Tisch und blickte verwirrt drein. Franz Xaver: "Nun? Ihr lebt also wieder, Stanislav. Und glaubt ja nicht, dass ich Euren Verrat vergessen hätte. Ihr werdet mir dienen, denn sonst wird euer Leben ein jähes Ende finden wie das eurer Angebeteten. Und bevor Ihr fragt, warum und wie ich Euch...
Roman wurde von Jazz durch ein kräftiges Anrämpeln in die Gegenwart zurück geholt... Cilia hatte die Gruppe bemerkt und blickte mit verweinten Augen zu ihnen. Stanislav, durch die Wunde sehr geschwächt, griff sie behutsam am Oberarm und wollte sie neben sich ziehen, auf seine andere Seite, um sich irgendwie noch schützend vor Cilia in Position zu bringen... was er zum absolutem Erstaunen der Gruppe auch schaffte. Er schaffte es auch in die Hocke, sich mit der rechten am Boden stütztend. Er atmete schwer, während Cilia nicht wusste, wie sie reagieren sollte... ganz zu schweigen davon, inwieweit sie überhaupt in Gefahr war...
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Vom Grafen und Joachim war allerdings weit und breit keine Spur. Die Eingangstüre allerdings war wohl nicht geöffnet worden. Es regnete noch immer draußen. Starker Sturm war aufgekommen und schleuderte den Regen mit aller Kraft gegen die Seite des Hauses, an der sich diese Eingangstüre befand. Wäre sie also geöffnet worden, befände sich Wasser auf dem Boden des Eingangsbereichs... aber da war keines... und durch den Speisesaal schienen sie auch nicht gegangen zu sein, denn da kniete ja Stanislav...
_________________ Der einzige Held, der dich aus tiefster Finsternis erretten kann, wohnt in dir selbst.
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