Review der US-Version
von Nijohc
Mit
Thousand Arms wagt Atlus eine Umsetzung eines Nippon-RPGs mit
Dating-Sim Elementen. Unabhängig davon, ob man diese Kreuzung
(ursprünglich von Red Company) nun obskur, bescheuert, interessant
oder genial findet - für den Mut verdient Atlus in jedem
Falle schonmal ein dickes Lob! Das Packaging kann zwar nicht mit
Working Designs Luxusboxen mithalten, liegt aber trotzdem dank
Trading Card, Memory Card Stickern und Designerinterviews im Booklet
weit über dem Nötigsten.
TA
spielt in einer Fantasywelt, in der Waffen auf -vorsichtig ausgedrückt-
sehr ungewöhnliche Weise geschmiedet werden: "Spirit
Blacksmiths" schnappen sich dazu ein hübsches Mädel
und schmieden Waffen mit Hilfe der weiblichen Energie: je stärker
die emotionale Bindung zwischen Schmied und Gehilfin ist, umso
durchschlagskräftiger fällt das Resultat aus. Dafür
ist das Upgraden durch Schmieden auch der einzige Weg, an "bessere"
Waffen und Zaubersprüche zu kommen Rüstungs-
oder Waffenshops werdet ihr vergeblich suchen.
Ihr
schlüpft nun in die Rolle des jungen Meis, seines Zeichens
Sprössling von Master Cliff, dem Spirit Blacksmith Eures
Dorfes. Neben seinem bescheuerten Namen hat Meis aber auch noch
ein paar ernsthaftere Probleme: aus dem Nichts erscheinen die
"Dark Acolytes" und halten den Namen "Kant"
offenbar für zu langweilig, als dass Meis besinnliches Heimatdörfchen
eine weitere Existenzberechtigung verdient hätte.
Nachdem
Ihr mit dem Rest des Dorfes geflohen seid, erreicht ihr mit letzter
Kraft und Riesenhunger den Ort Boyzby, wo ihr vor dem Augen eines
hübschen Mädels auch gleich Eure Unfähigkeit im
Kampf gegen ein paar Raufbolde unter Beweis stellt. Aus der Bewusstlosigkeit
erwacht ihr schließlich im Haus des Mädchens (Sodina)
und werdet zum Schüler ihres Bruders Jyabil, der Euch die
wichtigsten Dinge lehrt, die man so wissen sollte, um es zu einem
erfolgreichem Spirit Blacksmith und letztendlich auch zum ernsthaften
Gegner der Dark Acolytes zu bringen.
Schon
nach kurzer Zeit schließt sich Sodina Euch an und man darf
sich somit das erste mal an der integrierten Datin-Sim probieren:
Die weibliche Gunst erringt man wahlweise durch witzige Mini-Games,
Geschenke, oder tiefgründige Gespräche. Bei Presenten
und Dates erscheint dann ein Portrait der zuckersüssen Gegenüber.
Während des Smalltalks lauscht Ihr einem Bruchteil von insgesamt
12(!) Stunden enthaltenem Dialog in größtenteils erstklassiger
englischer Sprachausgabe. Während des Dates beantwortet und
stellt man der Auserwählten Fragen im mulitple-choice Verfahren.
Dabei bemüht man sich verzweifelt, nicht die chauvinistischte
(und lustigste) Wahl zu treffen, sondern bei Madame möglichst
gut wegzukommen. Wer so den Mädels brav hinterherschleimt
und ab und zu ein paar passende Geschenke (gibt´s in Shops
zu kaufen) überreicht, wird mit einem Anstieg des "intimacy-levels"
belohnt. Nun hurtig in eine Schmiede geflitzt und schon dürfen
die Waffen der Party einem Upgrade unterzogen werden. Gelegentlich
springt dabei auch mal ein Beschwörungszauber oder Vergleichbares
heraus.
Kommt
es zum Kampf, staunt man erst einmal über die ungewöhnliche
battle-engine: Ihr führt aus Euer später 7-köpfigen
Party maximal 3 Bitmap-Leutchen in Seitenansicht auf das Polygonschlachtfeld.
Nur der Vorderste kann jedoch auch angreifen, die hinteren beiden
sind lediglich zur Unterstüzung da und springen ein, falls
der Frontman verreckt (keine sorge, passiert nie!). Taktische
Tiefe dürft Ihr daher nicht erwarten, dafür gibt´s
witzige Kampfanimationen und teilweise ziemlich abgefahrene Gegner.
Neben Attacken sind auch Angriffszauber für den Unterstützungstrupp
tabu, magische Items dürfen sinnigerweise trotzdem für
magische Angriffe genutzt werden. Ob das ein Designfehler oder
Absicht ist, wird wohl ein Geheimnis der Programmierer bleiben.
Der
Dating-Teil wirkt zwar anfangs sehr innovativ und macht einen
Heidenspass, kränkelt jedoch später an einigen nervenden
Punkten: Zum Einen gibt es zu oft exakte Widerholungen vergangener
Dialoge, zum Anderen muss man sich bei wirklich allen Mädeln
absolut gleich verhalten, um zum Erfolg zu gelangen! Da Eure Weggefärhtinnen
(von der zierlichen Sodina über die Piratenbraut Wyna bis
zur Heulsuse Nelsha) im Spiel selbst sehr unterschiedlich rüberkommen,
wirkt das ein wenig befremdlich (Ich weiss natürlich, dass
Logik auch in der Realität nicht die größte Stärke
des weiblichen Geschlechts ist, aber DAS hier geht definitiv zu
weit).
Nicht
zuletzt aus diesem Grund setzt irgendwann bei den Dates Routine
ein und spätestens dann bemerkt man auch, dass die eigentliche
Story am passendsten mit "belanglos" umschrieben werden
kann (Held rettet Welt vor fiesem Imperator, der gern zur allesbeherrschenden
Gottheit aufsteigen würde - *gähn*). Die dramaturgische
Kurve ist genauso flach wie Kate Moss und von Storywendungen hat
die Red Company offenbar auch noch nie was gehört. Zugute
halten muss man TA jedoch die teilweise sehr witzigen Dialoge
und die spassigen Slapstickeinlagen. Auch die zahlreichen Zwischensequenzen
und Charakterportraits sind stimmig. Das kann nur leider weder
den Motivationsknick nach rund der Hälfte des Spiels verhindern,
noch über den lächerlichen Schwierigkeitsgrad, ein fades
Finale und den phänomenal bescheidenen "Abspann"
(3,5 Standbilder und 5 Minuten in-game Graphik) hinwegtäuschen.
Mit
gut 25h Spielzeit fällt TA nicht allzu umfangreich aus, irgendwie
ist man am Ende aber auch schon fast froh, dass man selbiges erreicht
hat und sich wieder hochkarätigeren Dingen widmen kann. Und
da das jetzt wahrscheinlich negativer klingt, als es gemeint ist,
sei noch einmal klargestellt: TA ist durchaus kein schlechtes
Spiel und für Einsteiger oder Leute, die Mal ein etwas "anderes"
RPG haben wollen sicher kein Fehlgriff - nur gibt auch es deutlich
besseres.
Fazit : Innovatives RPG-Häppchen für zwischendurch,
das primär an dem arg niedrigem Schwierigkeitsgrad, dem anpsruchsloen
Kampfsystem und der öden Handlung krankt. Optisch geht TA
auch heute noch in Ordnung, Feinde wie Dialoge schaffen es die
obigen Mängel mit dem ein oder anderen herzhaften Lacher
wieder halbwegs glattzubügeln. Egal ob übersättigter
Freak oder Gelegenheitsrpgler - TA ist für kompromissbereite
Spieler trotz kleiner Hänger durchaus ein Spielchen wert.
Spielspaß