Review der US-Version
von Greg
Auf dieses Spiel hat die Rollenspielgemeinde so sehnsüchtig
gewartet wie auf kein zweites. Als Squaresoft im Verbund mit Konkurrent
Enix Mitte der 90'er das Zeitreise-RPG Chrono Trigger veröffentlichte,
zog es die Spieler überall auf der Welt in den Bann und verdiente
sich, dank der exzellenten Technik und der tollen Story, den Ruf
als bestes Super NES-RPG neben Final Fantasy VI. Kurze Zeit darauf
gab es mit Radical Dreamers eine Art Erweiterung zum Spiel, die
jedoch nur für einen geringen Zeitraum über Nintendos'
Download-System Satellaview verfügbar und somit exklusiv
den Japanern vorbehalten war. Es sollte nun bis zur Jahrtausendwende
dauern, bis mit Chrono Cross endlich die offizielle Fortsetzung
in Nippon & in Amerika auf den Markt kam (welche übrigens
auf dem besagten Radical Dreamers basiert). Leider entschied man
sich bei Square trotz der vielen Lokalisierungen im Jahr 2000
gegen eine Pal-Version, so daß Interessierte nicht um den
Kauf der hier getesteten US-Version herumkommen.
Zu Beginn unterscheidet sich Chrono Cross noch nicht besonders
von den gängigen Rollenspielen der letzten Zeit. Nach einem
kleinen Prolog in einem Turm, der schon mal auf spätere Ereignisse
einstimmt, findet ihr euch als der 16-Jährige Serge im kleinen
Fischerdorf Arni wieder. Es folgt eine kurze Erkundungstour &
eine kleine "Unterredung" mit euer Freundin, die euch
gleich losschickt, um ein paar Echsenschuppen für eine Halskette
zu sammeln. Habt ihr das Dorf verlassen, wird in alter Chrono
Trigger-Tradition auf eine Übersichtskarte aus einer weit
entfernten Vogelperspektive geschaltet, auf der ihr ohne Druck
oder Angst vor Zufallskämpfen zu den umliegenden Locations
stampfen könnt. Also geht es nun in Richtung Strand, wo ihr
auch gleich ins erste Kampfgebiet stolpert. Vom Design der Kampfgebiete
her haben sich die Programmierer stark an der hauseigenen SaGa
Frontier-Reihe orientiert, hier wie dort sind eure Gegner ständig
sichtbar und lassen sich nur bei Berührung auf einen Kampf
ein. Dazu gibt es keine Erfahrungs-Punkte mehr, sondern ihr werdet
nach siegreichem Kampf mit diversen Statusaufwertungen belohnt,
doch dazu später mehr.
Habt ihr euch nun durch den ersten Quest gearbeitet, offenbart
Chrono Cross seinen "wahren" Spielablauf. Wo ihr in
Chrono Trigger noch per Wurmlöchern & Flugschiff durch
diverse Zeitperioden gereist seid und Fehler ausgemerzt habt,
werdet ihr in CC in eine Parallel-Welt geschleudert, in der alles
von aussen hin ganz normal wirkt & von quasi den selben Figuren
bevölkert wird. Achtet ihr aber etwas genauer, findet ihr
ganz andere Persönlichkeiten & Ereignisse vor. Im Verlauf
der Story stehen nun diverse Besuche in beiden Welten an, um einiges
an Haupt- & Sidequests zu erfüllen und eine Vielzahl
an Charakteren in eure Party aufzunehmen. Zur Lösung euer
Aufgabe könnt ihr euch übrigens sehr frei umherbewegen,
oft stehen euch mehrere Wege offen. Bei dem "Erwerb"
der Charas haben sich die Entwickler anscheinend stark von Konamis'
Suikoden inspirieren lassen, insgesamt schliessen sich bis zu
40 verschiedenste Leute / Tiere / Dinge euer Gruppe an, mache
treten automatisch bei, andere hingegen wollen auf die eine oder
andere Art überredet werden. Waffen & Rüstungen
werden übrigens nicht mehr schnöde im Laden gekauft,
sondern beim nächsten Schmied aus diversen Werkstoffen zusammengebastelt,
die ihr während eures Abenteuers einsammelt.
Damit das ganze nicht zum reinen Adventure ausartet, wird natürlich
auch gekämpft, und zwar nicht zu knapp. Wie gesagt wurden
die Zufallskämpfe komplett eliminiert, wenn ihr nicht kämpfen
wollt, dann könnt ihr den meisten Gegnern locker aus dem
Weg gehen oder vor ihnen flüchten. Beginnt nun der Kampf,
wird auf eine wirklich aufwendige Polygon-Arena umgeschaltet und
Party sowie Gegner erscheinen auf dem Bildschirm. Wer schonmal
Xenogears gespielt hat, dem wird das Kampfsystem zumindest teilweise
bekannt vorkommen. Eure Charas haben jeder eine begrenzte Anzahl
von Aktionspunkten zur Verfügung, die ihr für verschieden
starke Attacken ausgeben könnt. Sind eure Angriffe erfolgreich
gewesen, lädt sich eine weitere Leiste auf, mit der ihr dann
eure "Elemente" einsetzten könnt. Die Elemente
stellen sozusagen die Zaubersprüche im Spiel dar, sie werden
einfach wie Items euren Charakteren zugewiesen und sind je nach
Level mehr oder weniger wirksam. Jedoch verbrauchen die Elemente
keine Magic Points, sondern können nur einmal pro Kampf benutzt
werden und sind erst im nächsten Fight wieder einsetzbar,
Ausnahme sind hier die "Consumables", die sich FF8-like
verbrauchen. Dazu könnt ihr jederzeit weglaufen, sei es ein
normaler Kampf oder ein Bossfight. Jetzt noch weiter im Detail
auf das Kampfsystem einzugehen würde an dieser Stelle zu
lange dauern, zudem im Spiel viele ausführliche Tutorials
zu diesem Thema vorhanden sind.
Wie sieht es nun mit Grafik & Sound aus? Wer die achte Ausgabe
von Final Fantasy auf der PlayStation kennt, dem wird die technische
Umsetzung gleich vertraut vorkommen. Sämtliche Hintergründe
wurden aufwendig gestaltet, Charaktere & andere bewegliche
Objekte kommen als gut gemachte Polygonmodelle daher und im Kampfmodus
duelliert ihr euch wie erwähnt in einer stark zoomenden Polygon-Arena.
Hatte Final Fantasy VIII bis dato in grafischer Hinsicht auf der
PlayStation noch das Non-Plus-Ultra dargestellt, erreicht die
Optik von Chrono Cross locker mindestens das selbe Niveau. Die
Locations bestehen übrigens nicht nur aus gerederten Hintergründen,
wie man auf den ersten Blick meinen mag, sondern sind teilweise
auch ganz nach Legend of Mana-Art gezeichnet. Durch die durchweg
hohe Qualität entsteht aber keinerlei Stilbruch, schon sehr
erstaunlich, wie gut die Grafiker dies hinbekommen haben, im Vergleich
dazu sehen "kalte" Rendebrocken wie Legend of Dragoon
alt aus.
Die Charaktere sind noch einen Zacken detaillierter als in der
8ten Final Fantasy-Episode gestaltet worden, wobei diese natürlich
nicht mit den Figuren der aktuellen Next-Generation Konsolen mithalten
können, dafür ist die PlayStation mittlerweile zu sehr
veraltet. Dies zeigt sich auch besonders in stark "bevölkerten"
Szenen, denn wo viele Objekte herumwuseln muss man mit Slowdowns
und Geruckel rechnen, was in diesem Fall aber nur selten stört.
Versöhnlich stimmt einen dann wieder die Kampfgrafik, denn
vor allem die animierten Hintergründe und einige der Bosse
sind wirklich toll gemacht. Zur Soundkulisse muss nur eines gesagt
werden: Yasunori Mitsuda. Nach den absolut genialen Soundtracks
zu Chrono Trigger & Xenogears hat Squares' Top-Komponist auch
für Chrono Cross aus dem Vollen geschöpft, stilistisch
erwartet einen ein Mix aus den beiden vorhin genannten OSTs',
besonders wiederkehrende Melodien wie der Siegjingle oder die
erste Oberweltmusik sind klasse gelungen. Leider haben sich diesmal
ein paar belanglose oder gar missratene Stücke eingeschlichen
(das normale Battle-Theme ist sicher nicht jedermanns Sache),
doch trotz der paar Schwächen bleibt die Musikuntermalung
von Chrono Cross einer der besten Soundtracks der letzten Jahre,
dessen Kauf man sicher nicht bereut.
Ist Chrono Cross nun eines der besten RPGs' aller Zeiten geworden?
Leider nein, denn dafür wiegen einige Kritikpunkte zu schwer.
Zu einem ist da das Kampfsystem. Man merkt deutlich, welcher Aufwand
betrieben wurde um die Schwachstellen aus dem von XG auszumerzen.
Was zu Beginn noch kompliziert wirkt, geht spätestens nach
ein paar Spielstunden sogar recht locker von der Hand. Der Nachteil
hier ist aber der Wegfall der Experience-Points, denn dadurch
werden viele der Random Battles zu nutzlosem Beiwerk degradiert.
Zwar gibt es ab und an mal hier und da einen Hit-Point mehr als
Ausbeute, aber da nach einem Bossfight jedes Mitglied euer Party
einen Level aufsteigt (auch die Nicht-Aktiven), braucht man die
Zwischenkämpfe höchstens nur noch um ein paar Rohstoffe
zum Waffenbau zu sammeln oder um den Weg zu Kisten oder Ausgängen
freizumachen. Dazu gestaltet sich das neue Verteilen der Elemente
beim Charakterwechsel als sehr mühsam, denn es braucht schon
einige Zeit, um eine gute Balance aus Angriffs-, Heil- & Status-Magie
zusammenzustellen. Man kann zwar auch der PlayStation das Zuweisen
überlassen, jedoch werden dann die Elemente stur nach Level
verteilt und nicht nach deren Nutzwert. Dadurch ist man oft gehemmter,
wenn es um den Einsatz eines anderen Charakters geht, was nützen
einem da dutzende von abwechslungsreich gemachten Figuren, wenn
einem die Lust fehlt, diese auch einzusetzen?
Defizite gibt es leider auch bei der Story zu vermelden. Zwar
ist sie handwerklich gut gemacht und wird kontinuierlich aufgebaut,
jedoch gibt es mittendrin auch ab und an ordentlich Leerlauf.
Es frustriert einfach, wenn man eine bestimmte Stelle erreicht
und schon im Vornherein weiß, dass die Hauptstoryline die
nächsten Stunden Spielzeit auf Eis liegt. Dazu kann es zu
oft vorkommen, dass wenn man bei dem entscheidenden Hinweis nicht
aufgepasst hat oder die Gedankengänge in die falsche Richtung
gehen, man ohne Plan hin und herläuft und verzweifelt nach
dem nächsten Story-Strang sucht (ähm, nicht, dass mir
so etwas mal passiert ist ... *hust*). Dies hätte mit mehr
Sorgfalt vermieden werden können, ohne dass das recht offene
Spielsystem darunter leiden muss.
Man wird für die kleinen Hänger ab der zweiten Spielhälfte
zwar mit Hammer-Storywendungen entschädigt, von denen aber
viele bei Kennern des Erstlings wesentlich besser ankommen. Freuen
sich "Die Hard" Chrono Trigger-Fans bei den etlichen
Referenzen zum Vorgänger fast ein Loch in den Bauch, gehen
diese am Newbie komplett vorbei, was sehr schade ist. Aber nicht
nur das, Chrono Cross geht der konstante "Wow-Effekt",
der bei solchen Jahrhundert-Spielen wie Chrono Trigger oder Xenogears
allgegenwärtig ist, einfach ab. Lasst euch aber jetzt nicht
durch die vielleicht etwas harsche Kritik von mir abschrecken,
Chrono Cross ist und bleibt ein tolles & interessantes Rollenspiel
und lässt der Großteil der bis dahin erschienenen RPGs
im Regen stehen, aber nach dem unglaublichen Hype in den Monaten
vor den Release musste Chrono Cross geradezu ein perfektes Spiel
sein, und das ist es eben nicht geworden. RPG'ler notieren sich
CC trotzdem dick auf ihren Notizzettel, Chrono Trigger-Fans haben's
eh schon im Regal stehen.
Fazit : Sehr gute Fortsetzung des Klassikers Chrono Trigger,
mit innovativem Spielkonzept und Kampfsystem. Optisch und akustisch
auf Top-Niveau, mit nur kleineren Unzulänglichkeiten. Leider
trüben ein paar Patzer im Spieldesign in Hinsicht Kämpfe
und Story den guten Gesamteindruck, dafür wird man durch
die vielen positiven Punkte entschädigt, trotzdem, Chrono
Trigger-Qualität wird nicht erreicht. Spielzeit pro Runde
knappe 40 - 50 Stunden, dank spezieller Modi und verschiedenen
Abspännen wird es aber sicher nicht nur bei einem Durchgang
bleiben.
Grafik
Sound
Spielspaß