Review der US-Version
von DAGOBERT
37 Stunden.
So lange habe ich gebraucht um mich durchringen zu können
was wertendes zu Squares neuesten "RPG" zu schreiben
und jetzt muß es auch raus-vorweg sei gesagt daß ich
mit relativ hohen Ansprüchen an das Spiel herangegangen bin,
da mir FF9 samt skill/job und augenzwinkerndem oldschool Ansatz
sehr sympathisch war. FFX hat´s mir nicht leichtgemacht.
Bis h 7 war ich genervt und ziemlich angesäuert, bis h 20
hab´ich noch mal oberskeptisch alle Aspekte abgeklopft und
ab h 20 war mir dann ein halbwegs klarer Blick auf das Spiel möglich.
Nicht schlecht für den zehnten Teil einer Serie, die sich
eigentlich längst verschlissen hat.
Eins
vorweg: Wer ein herkömmliches RPG a la Wild Arms oder FF7-9
erwartet wird eine deftige Überraschung erleben- Square hat
_SEHR_ viel gewagt, traditionelle Konzepte komplett über
Bord geworfen und dabei erstaunlich wenig Fehler gemacht und die
verbrochenen tun dem Spiel auf Dauer nicht wirklich weh.
Fangen
wir an:
Grafik:
Sollte es jemanden geben der jetzt immer noch behauptet auf der
PS2 gäbe es kein gutaussehendes Spiel mehr, ist derjenige
entweder blind oder tot oder wohnt in Stuttgart. FFX sieht sowohl
in Bewegung als auch in den battlescreens zu schön aus um
wahr zu sein, es ist detailliert ohne Ende und wer glaubte SoA
wär von der Präsentation her top, wird bei FFX jemanden
brauchen, der ihm permanent den Unterkiefer nach oben klappt.
Mit das schönste was ich jemals auf Konsole gesehen habe,
da kommt kein DMC und auch kein Shenmue mit. Square hat sogar
was geschafft, was ich dieser Firma in diesem Leben nicht mehr
zugetraut hätte: Bei allem Bombast und unglaublichen Action
FMVs sind die nachhaltigsten die der ganz leisen Töne, etwa
wenn Yuna ein Totenlied anstimmt, nur unterlegt von einem Piano
und später ganz zart orchestriert-völlig abgefahren
und mit Gänsehautgarantie.
Story:
So leid es mir tut-jedes Wort wäre ein Verbrechen, aber ich
kann an dieser Stelle auf die erste Ungewöhnlichkeit von
FFX eingehen-es ist nicht linear, es läßt euch schlich
keine Wahl! Ihr werdet von scenario zu scenario gehetzt ohne den
geringsten Einfluß zu haben, was als nächstes passiert-sehr
gewöhnungsbedürftig die ersten Stunden (vor allem wenn
man wie ich gerade noch an DQ7 saß), aber es funzt. Ihr
seid jeder Kontrolle ledig und schaut zu wie aus einer lauen 08/15
Story mit einem Mal ein Märchen wird, welches euch nicht
mehr loslässt-ich hab zum Schluß 10 h (!!) ohne Pause
gespielt, das hat sonst nur noch Persona geschafft. Die Dramaturgie
ist perfekt, die Handelnden sind mit zwei Ausnahmen stimmig und
ihr kommt euch in diesem Megakorsett nicht mal eingezwängt
vor. Leistung Numero eins.....Zur Story an sich möchte ich
kein Wort verlieren, da gerade Spoiler in FFX absolut tödlich
für Motivation und das Verhalten auf dem sphere grid sein
können!
Char/Enemydesign:
Beim Monsterdesign ist diesmal alles richtig gemacht worden-die
Viecher sabbern, schnauben, spucken Feuer, haben die abgefahrensten
moves drauf und sind ALLE traumhaft animiert-und dank CTB kann
man sich endlich mal Zeit lassen und die Moppel in aller Ruhe
anschauen bevor man sie schlachtet. Es gibt riesige Sandwürmer
mit 30.000 hp als Standardgegner (!) und nicht nur die, Square
ist diesmal sehr kreativ gewesen und hat einige witzige Überraschungen
in petto für Leute die Zeit mitbringen.
Das
Chardesign....puuuh...grundsätzlich halte ich es für
das gelungenste nach FF6/9, allerdings gibt es zwei Ausnahmen.
Ausgerechnet der Hauptchar wird fast 10h wie ein idiotisches Landei
hingestellt, ebenso sein Sidekick Wakka. Während Wakka die
Kurve ziemlich souverän kriegt und nach und nach immer glaubwürdiger
wird, schafft ausgerechnet Tidus, der Hauptchar genau das nicht.
Er bleibt seltsam blaß und ich tue mich immer noch schwer
ihm das was er tut auch abzunehmen, wobei die US Katastrophensynchro
GENAU für diesen Char wohl 90% der Schuld trägt. Absolut
ärgerlich, vor allem wenn man bedenkt daß mit Lulu
(Zauberin mit lasziven Lächeln, einem Gehirn, spitzer Zunge
und echt dicken Titten) und Auron zwei Chars dabei sind, die alles
von der Platte putzen was sich je in einem FF getummelt hat.
Die
Engine: kein großes Geheimnis mehr, das ATB wurde endlich
durch ein rein rundenbasiertes CTB System abgelöst. Besiegte
Gegner lassen Spheren fallen, die ihr dann auf dem sphere grid
einsetzen und damit aktivieren könnt-leider waren die designer
zu faul komplett neue Wege zu gehen, FF-Veteranen finden sich
im Nu zurecht, da alle spells und skills noch dieselben Namen
haben. Wer experimentiert kann Glück haben, er kann allerdings
auch tierisch auf die Fresse fallen-grundsätzlich gilt, erstmal
den Weg "abgehen", den ihr nehmen wollt und sei es nur
um sicherzugehen, daß nach 20 steps nicht doch noch irgendwo
ein Lvl. 3 Lock auf euch wartet und ihr den ganzen Weg zurückmarschieren
dürft.
Der
Schwierigkeitsgrad ist ein Final Fantasy Vermächtnis: leicht
und mit ein wenig Grips braucht ihr für keinen Boß
mehr als zwei Versuche. Daß allerdings die URALT Tricks
immer noch funzen ist schon ein wenig ärgerlich. Geht ihr
z B mit allen Äons im "overdrive" Modus in einen
Bossfight, hat der meist nicht mal mehr Zeit zum Beten-und ich
meine stinknormale Äons, keine getunten.
Eure
Waffen und armorslots beschränken sich genau auf die Zahl
zwei und schaffen somit Übersicht-ihr könnt im Verlaufe
des Spiels leere slots mit allerlei Statuskrams füllen und
genau das ist auch die Alternative für RPGler mit ein wenig
Achtung vor sich selbst-statt die Äons aufzupowern, bastelt
man sich für jeden Boss die passenden Waffen/ Rüstungen
und drischt den Klotz mittels einwechseln ins Nirvana. Klappt
wunderbar.
Das
interface ist zwar wunderbar aufgeräumt und übersichtlich,
aber offensichtlich für den totalen Anfänger gedacht.
Ihr müßt erstmal die automatische ! Hilfefunktion ausschalten,
ebenso die Karte samt Richtungspfeil und die Äons samt abilities
solltet ihr tunlichst auch ignorieren, weil´s sonst schlicht
zu einfach wird.
Was
bleibt ist ein cinematographisches RPG, welches gute Chancen hat
der Vorreiter eines komplett neuen Untergenres zu werden. Ihr
habt keine Wahl, aber ich bin sicher sie wird euch gefallen. Kinderkrankheiten
wie unglücklich gesetzte Trigger, Grandia 2 recharge points
und Kanonenfuttergegner sind zwar nervig, aber der Gesamteindruck
den FFX hinterlässt ist einfach zu gut um dem Spiel daraus
ernsthaft einen Strick zu drehen. Die Geschichte setzt vorwiegend
auf leise Töne, ist überraschend und verwinkelt und
mit erstklassigen Figuren besetzt, besonders auf der "bösen"
Seite.
Fazit : Wer
mal wirklich ein "experimentelles" RPG spielen will,
in dem sehr viele Genre Regeln außer Kraft gesetzt wurden
kommt um FFX nicht wirklich herum. Absolut überzeugend für
mich und ein wenig überraschend-DAS hätte ich Square
so nicht mehr zugetraut. Und wer schon FFX-2 gespielt hat weiß,
daß es das wohl war in Sachen FF. Auch mit 2 Jahren Abstand
noch eine unbedingte Kaufempfehlung.
Spielspaß