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Review der US-Version

 
von Lagi

  Mit dem erstmals 1998 in Japan erschienenen Rebus festigten Atlus ihren Ruf als Strategieexperten. Dabei sollte nicht unbedingt die selbe Spielergruppe wie bei der hauseigenen Ogre-Serie angesprochen werden; das sehr einfach und logisch aufgebaute Kampfsystem und das lineare Storytelling von Rebus zielten vielmehr auf Gelegenheitsstrategen und Einsteiger ab. Zudem wurde mit dem durch die Final-Fantasy-Serie und Anime wie "Vampire Hunter D" berühmt gewordenen Künstler Yoshitaka Amano ein zumindest in Japan zugkräftiger Name als Charakterdesigner verpflichtet. In den USA wurde das Spiel als Kartia- Word of Fate veröffentlicht, ein Jahr später kam dann unter dem Namen Legend of Kartia auch eine PAL-Version nach Europa.

Das Grundprinzip des Spiels ist einfach, aber nicht unoriginell: Kartia spielt in einer Welt, in der Schriftzeichen magische Kräfte haben. Durch das Beschriften von aus Seide, Mythril oder Holz hergestellten Schriftkarten, den "Kartia", lassen sich alle möglichen Dinge bewirken- vom simplen Kaffeekochen über das Schmieden von Waffen bis hin zum mächtigen Feuerzauber, der ganze Wälder niederbrennt. Vor allem aber kann man mit Kartia Phantome erschaffen: Dienstreiche Geister aller Art, die im Kampf für ihre menschlichen Beschwörer den Kopf hinhalten. Es gibt drei Grundtypen von Phantomen, die in einem Stein-Schere-Papier-Verhältnis zueinander stehen. Ein Phantom aus der "Common"-Klasse etwa schlägt sich gut gegen einen "Doll", hat aber wenig Chancen gegen "Shadows". Unterteilt sind diese drei Gruppen in zahlreiche Unterklassen mit unterschiedlichen Eigenschaften, die im Verlauf der beiden Single-Player-Kampagnen mit dem Erwerb neuer Silben nach und nach freigeschaltet werden. Zu Beginn krebst man noch mit Imp-ähnlichen "Miles" durch die Gegend, gegen Spielende hat man Amphibienwesen und Flugdrachen in seiner Armee.

Vor Beginn einer Schlacht erzaubert Ihr mit Euren in vorangegangenen Kämpfen erbeuteten Kartia einen der Situation angemessenen Trupp Phantome, rüstet sie und Eure wenigen menschlichen Mitstreiter mit passenden Waffen und Rüstungen aus und spart Euch dabei tunlichst noch ein paar Einheiten der Allzweckwährung für Zaubersprüche auf. Wie in Tactics Ogre und Final Fantasy Tactics geht es dann auf isometrischen Schlachtfeldern rundenweise gegen feindliche Phantomarmeen zur Sache. Meistens müssen alle Gegner oder ein bestimmter Erzschurke bezwungen werden, bisweilen gibt es aber auch variablere Missionsziele. Neben den Phantomtypen spielen im Kampf auch das Terrain und die Bewaffnung eine wichtige Rolle. Die Schlachtfelder sind dynamischer als in dem meisten vergleichbaren Titeln- Bäume und Gras lassen sich mit Feuermagie entflammen, Bäche frieren durch Eiszauber zu, Erdbeben senken oder heben das Bodenniveau. Die drei vorherrschenden Waffentypen haben je nach Positionierung Eurer Kämpfer unterschiedliche Auswirkungen. Mit einer Axt lässt sich gut von oben draufschlagen, während man bei der Erstürmung eines Hügels am besten einen Speer zur Hand nimmt. Ist der Kampf gewonnen, folgen einige automatisch ablaufende Cutscenes, die die Story vorantreiben, dann geht es gleich ins nächste Gemetzel. Man kann weder einkaufen noch die Welt auf eigene Faust erkunden, noch gibt es nenenswerte Secrets zu entdecken- Kartia ist ein sehr lineares Spiel. Immerhin gibt es mit einen Trainings- und sogar einen (sehr witzigen) Zweispielermodus, was den Spielspaß über die regulären 36 Schlachten hinaus verlängert.

Die Story von Kartia verteilt sich auf zwei eng miteinander verflochtene Kampagnen mit je 18 Kapiteln, die versetzt angeordnet sind: Die erste Kampagne um den jungen Ritter Toxa erzählt nur die ungerade numerierten Episoden (1,3,5...), während die zweite mit der Ordenskriegerin Lacryma als Protagonistin die Lücken füllt und die geraden Episoden 2,4,6 usw. abdeckt. Obwohl beide Plotstrecken unabhängig voneinander verständlich sind, entfaltet sich der eigentliche Reiz der Story erst beim Durchspielen der zweiten Kampagne, die einige Aha-Erlebnisse bereit hält. Charaktere, die im ersten Durchgang nur Nebenrollen hatten und deren Motivation im Dunkeln lag, rücken hier auf einmal ins Rampenlicht, und scheinbar schon abgeschlossene Handlungsfäden werden neu aufgerollt und offenbaren teils überraschende Wendungen, die einen manche Ereignisse der ersten Kampagne in ganz anderem Licht sehen lassen. Dabei beeindruckt vor allem, wie meisterhaft die einzelnen Hintergrundgeschichten der zahlreichen Charaktere miteinander verflochten sind und einem zunächst simpel erscheinenden Plot Tiefe und Komplexität verleihen. Wirklich jede Figur hat eine klar definierte Persönlichkeit und Motivation, und jede trägt -anders als etwa bei Final Fantasy VI, das in der zweiten Spielhälfte zur zusammenhanglosen Aneinanderreihung von Einzelschicksalen degeneriert- auch wesentlich zum Haupthandlungsstrang bei. Die wunderschönen Designs von Yoshitaka Amano, die in allen Gesprächen als Porträts eingeblendet werden, tun ein übriges, um die Charaktere und die Welt des Spiels zum Leben zu erwecken.

Technisch nimmt sich Kartia neben einem Final Fantasy Tactics ausgesprochen mager aus- vor allem den Schlachtfeldern und Phantomen hätte mehr Abwechslung und Liebe zum Detail gut getan. Dennoch passt die zweckmäßige, teils karge Grafik mit ihren gedeckten Farbtönen gut zum dramatisch-düsteren Setting des Spiels und bildet den idealen Rahmen für Amanos Charakterdesign. Zwischendurch gibt es immer mal wieder ein paar Fetzen durchschnittlich gerenderter FMV-Sequenzen. Der Soundtrack besteht überwiegend aus "episch" klingenden, klassischen Arrangements, wie man sie ähnlich schon in Suikoden oder Final Fantasy Tactics gehört hat. Die Musik ist immer passend und teils wunderschön, bietet aber auf lange Sicht zu wenig Abwechslung; ein paar Tracks mehr hätten es schon sein können.

Die Story ist es denn auch, die das Spiel über die lange Distanz trägt. Die Schlachten werden mit zunehmenden Spielverlauf leider eher einfacher als schwieriger, da Eure menschlichen Charaktere zu schnell an Stärke gewinnen und bald auf übermächtige Zauber zurückgreifen können. Die Phantome dienen in den späteren Schlachten dann nur noch als Kanonenfutter und lebender Schutzschild, und das Terrain verliert an Bedeutung. Wer an Final Fantasy Tactics vor allem das Jobsystem mit seiner Fülle an Abilities und Zaubern mochte, dürfte an Kartias schlichterem Ansatz zum Charaktertuning auch wenig Freude finden. Das Schmieden von Waffen und Rüstungen mit dem zunächst kompliziert erscheinenden Kanji-System ist eher Selbstzweck- es reicht völlig aus, die jeweils stärkste verfügbare Ausrüstung zusammenzubasteln und an die Truppe zu verteilen. Spaß machen die angenehm flott von der Hand gehenden Kämpfe zwar auch so noch, wer als erfahrener Stratege aber eine anspruchsvolle Herausforderung sucht und nicht gerade einen zweiten Spieler zur Hand hat, ist hier fehl am Platz.

  Fazit : Einfaches, aber originelles und spaßiges Strategiespiel, das durch dichte Atmosphäre, edles Charakterdesign und eine intelligente und bewegende Story kräftig aufgewertet wird. Mit zwingenderem Battle Map Design, besserer KI und etwas mehr Abwechslung im Spielverlauf hätte es durchaus zur Spitzenklasse im Genre gereicht- so bleibt Kartia leider ein Geheimtip. Amano-Fans sollten auf jeden Fall zuschlagen, alle anderen zumindest mal anspielen. Übrigens lohnt sich bei Kartia trotz sichtbarer Balken auch der Griff zur PAL-Version, die dem Spieler die Wahl zwischen englischen und deutschen Bildschirmtexten lässt und mittlerweile gebraucht sehr günstig aufzutreiben ist.


Grafik       

Sound      

Spielspaß