Review der US-Version
von Greg
Nachdem
Squaresoft 1997 mit SaGa Frontier einen PlayStation-Nachfolger
der in Japan überaus beliebten Romancing SaGa-Reihe auf den
Markt brachten, mussten sie damals von der Fachpresse & den
Fans gleichermaßen viel Kritik einstecken. Der sehr lockere
und non-lineare Spielablauf traf nicht jedermanns Geschmack und
führte dazu, dass SaGa Frontier (unberechtigterweise) in
die niedrigen Wertungsregionen verbannt wurde. Gerade die Käufer
der US-Version gingen mit Square hart ins Gericht, da sie vom
zweiten PSX-RPG Release der Firma in Amerika ein ähnlich
konventionelles Spiel wie Final Fantasy VII erwartet haben, und
das ist SaGa Frontier beileibe nicht geworden. Die Kritik fiel
in Japan anscheinend nicht auf taube Ohren, denn die Programmierer
legten sich beim geplanten Nachfolger kräftig ins Zeug und
überarbeiteten das Konzept gründlich. Der Japan-Release
von SaGa Frontier 2 folgte dann schliesslich im Frühjahr
'99, die geneigten Spieler in Amerika & Deutschland mussten
hingegen noch ein knappes Jahr ausharren, bis die komplett lokalisierten
US- und PAL-Versionen in geringem Abstand in die Läden kamen.
Wie erwähnt hat sich das SaGa Frontier-Team der Kritik der
Fans angenommen und das Spielkonzept in der Hinsicht umgestaltet,
den freien Spielablauf des Erstlings möglichst zu erhalten,
aber auch mehr an Story und Spannung zu integrieren. Doch bevor
ich näher auf die Spielmechanik eingehe, will ich auf den
Punkt bei SaGa Frontier 2 zu sprechen kommen, der am meisten herausragt:
Die fantastische Optik. Hatte man es im ersten Teil noch mit durchwachsenen
Render-Backgrounds & Charakteren zu tun, packten die Designer
diesmal ihre Malstifte aus und benutzten gezeichnete Aquarelle
als Hintergrund-Bilder, um dem mittelalterlichen Fantasy-Abenteuer
einen würdigen Rahmen zu verleihen. Diese Methode wurde z.B.
in ähnlicher Weise schon erfolgreich beim Adventure-Klassiker
Monkey Island 2 oder dem Square-eigenen Legend of Mana angewand.
Das Ergebnis sieht dermaßen beeindruckend und stilistisch
so zielsicher aus, dass es einem die Sprache verschlägt,
ein tolles Setting jagt das nächste. Das i-Tüpfelchen
setzen schliesslich viele schön gezeichnete Charaktere &
Objekte auf, die Leben in ansonsten etwas starr wirkenden Hintergründe
bringen. Wer sich nicht nach ein paar Blicken in diese Optik verliebt
ist entweder blind oder spielt seine Games auf s/w-Fernsehern
im Mini-Format. Die Soundkulisse ist ebenfalls gut gemacht, zwar
zählen die Kompositionen nicht zum Besten aus den Square-Lager
(Komponist Hamauzu ist eben kein Mitsuda), aber trotzdem bleiben
ein paar wiederkehrende Musiken im Gehör hängen.
Bei der Grafik bleibt die Weiterentwicklung natürlich nicht
stehen. Die Wahl der Charaktere aus dem ersten Teil wurde gegen
ein sogenanntes Kapitel-System ersetzt. Dies bedeutet, es stehen
euch zu Beginn des Spieles nicht mehr viele verschiedene Charaktere
zur Auswahl, die jeder eine eigene Storyline repräsentieren,
sondern ihr könnt euch auf einer Weltkarte einen von zwei
Story-Happen aussuchen. Ihr schaut euch entweder den Werdegang
des Königssohns Gustave XIII an, oder verfolgt den Digger
Wil Knights auf seinen, *ähem*, "spannenden" Expeditionen.
Habt ihr ein Kapitel zuende gespielt, werden ein oder mehrere
andere Kapitel freigeschaltet, die in chronologischer Reihenfolge
die Geschichte weiterspinnen. Dabei kann der Inhalt eines Kapitels
sehr unterschiedlich sein, so könntet ihr euch beispielsweise
nach einer 5-minütigen Storysequenz schon das nächste
Kapitel aussuchen, aber auch genausogut stundenlang durch einen
verwundenen Dungeon wandern müssen. Da ihr die meiste Zeit
über die Wahl zwischen mindestens 2 Kapiteln habt, könnt
ihr nach Belieben wechseln, wenn euch mal ein bestimmter Part
nicht zusagt und diesen eben später angehen, so wird die
Spannung aufrecht erhalten.
Leider birgt das Kapitelsystem auch ein paar Nachteile. Die Geschichten
wurden so ausgelegt, dass sie mehrere Generationen umfassen, was
zur Folge hat, dass die Story mit Eiltempo voranschreitet. Nicht
selten vergehen zwischen den Kapiteln mehrere Jahre, wenn nicht
Jahrzehnte, ihr habt kaum Zeit, mit den Charakteren warm zu werden.
In einem Moment verfolgt ihr, wie eine Figur ausgebildet wird,
im nächsten Kapitel ist diese schon gestorben und ihr müsst
mit total unbekannten Leuten ins Feld ziehen. Dies ist recht schade,
da sich dadurch oft viele interessante Ansätze und Story-Stränge
im Nichts verlieren, was doch ziemlich auf die Motivation geht.
Wenigstens bei der Ausbildung euer Figuren hat sich Square eine
wenig Gedanken gemacht, denn damit ihr eure bisherigen Charas
nicht umsonst trainiert habt, lassen sich Equipment und erlernte
Skills einfach per Menü beliebig (auch unter den Storylines)
verteilen. Dies bringt und auch gleich zum nächsten &
eigentlich auch einzig anderem relevanten Spielelement von SaGa
Frontier 2, dem Kampfmodus.
Beim Kampfsystem stecken die Veränderungen im Vergleich zum
Vorgänger im Detail, wobei im Endeffekt aber an den falschen
Stellen geschraubt wurde. Wie im Erstling gibt es keine Zufallskämpfe,
ihr könnt weiterhin die Gegner in den Kampfgebieten Grandia-like
ständig sehen und ausweichen, wenn ihr mal keine Lust zum
Fighten habt. Lasst ihr euch trotzdem mal auf ein Gefecht ein,
wird in eine recht ordentlich gemachte Polygonarena geschaltet,
wo ihr wie gehabt rundenbasiert nicht um Erfahrungspunkte kämpft,
sondern je nach Kampfstil mit verschiedenen Statusaufwertungen
belohnt werdet. Seid ihr mit einer mehrköpfigen Party unterwegs,
habt ihr oft die Wahl, ob ihr in einem Einzelduell gegen einen
starken Gegner antretet oder mit euren Kumpanen gegen mehrere
Bösewichte in den Kampf geht. Leider sehr gewöhnungsbedürftig
ist das Skill-System ausgefallen, neue Spezial-Angriffe müssen
nach Xenogears-Art erst durch das Kombinieren verschiedener Angriffe
herausgefunden und dann zusätzlich an der richtigen Stelle
ausgerüstet werden, sonst klappt es nicht. Was bei SaGa Frontier
noch relativ flott vonstatten ging, artet bei Teil 2 in sehr viel
Arbeit aus und geht an die Substanz, da durch die teils sehr knackigen
Gegner euch eine gute Beherrschung der Kampfsystem-Elemente abverlangen.
Zusätzlich zu den normalen Kämpfen dürft ihr in
manchen Kapiteln Suikoden-like kleine strategische Schlachten
austragen, die aber spielerisch nicht der Rede wert sind.
Insgesamt gesehen haben Square mit SaGa Frontier 2 zwar ein paar
Schritte in die richtige Richtung gemacht, durch das Unterteilen
in Kapitel wurde ein gewisser Grad an Freiheit beibehalten und
trotzdem mehr Story integriert, was aber auch etliche negative
Eigenschaften mit sich gebracht hat. Die sehr weit im Hintergrund
stehende Charakterentwicklung erweist sich als Spielspaßbremse,
und in den teils überharten Fights kämpft ihr dank der
"verschlimmbesserten" Engine eigentlich immer nur um
neue Skills für eure Sammlung und betet, dass das Kapitel
schnell vorübergeht. Wer sich mit den Punkten abfinden kann,
kriegt mal ein etwas anderes Rollenspiel in die Finger, alle anderen
probieren erstmal aus, ob die fantastische Optik dazu ausreicht,
seine Zeit für dieses etwas fehlgeschlagene Experiment zu
opfern. Dennoch, an dieser Stelle ein großes Lob an Squaresoft
und deren damaligen Pal-Publisher CVG/Crave, die mal wirklich
fähige Leute mit der Übersetzung beauftragt (Grüße
an Wonderboy & Co) und sich getraut haben, einen deartigen
Non-Mainstream Titel so aufwendig lokalisiert in die deutschen
Geschäfte zu bringen. Leider war es der falsche ...
Fazit : Sehr ungewöhnliches Rollenspiel mit unglaublich
guter 2D-Optik und neuartigem Kapitelsystem. Leider bleibt durch
das sehr rasche Erzähltempo die Charakterentwicklung auf
der Strecke, die mehrere Generationen umfassende Geschichte wird
im Sauseschritt abgehandelt, der happige Schwierigkeitsgrad und
das verkomplizierte Skillsystem wirken sich ebenfalls nicht gut
auf die Motivation aus. Wem Standard-RPGs zu festgelegt im Ablauf
sind und mal was anderes erleben will, sollte dem Spiel eine Chance
geben, alle anderen meiden den Titel angesichts der Gameplay-Schwächen
und machen gleich einen großen Bogen drum.
Grafik
Sound
Spielspaß