Review der US-Version
von DAGOBERT
1913,
ein englischer Priester, oder besser das, was noch von ihm übrig
ist liegt very dead irgendwo in Rouen, Frankreich auf der Straße-die
einzige Tochter (? Zölibat) des Priesters ist verschwunden
und unauffindbar, bis die Kamera langsam auf den Transibirienexpress
einschwenkt, vollbepackt mit japanischen Elitesoldaten und auf
dem Weg nach Shanghai und mit eben dieser jungen Dame im Gepäck
.
Cut
Ein
englischer Gemtleman, perfekt sitzender Anzug, vollendeter Gang
und nagelneuer Bowler setzt sich aus seinem Abteil im Express
langsam Richtung Mädchen in Bewegung-um ihn herum schwirrt
sein Haustier, dem es diebisches Vergnügen bereitet die Soldaten,
die dem guten Mann vermitteln wollen daß hier Ende des Weges
ist, auf sehr kreative Art und Weise abzuschlachten, zu fillettieren,
zu frikassieren und möglichst gleichmäßig im Raum
zu verteilen.
Mann
steht vor Mädchen. Unser Held, Yuri, steht auf dem Dach des
Zuges und verschafft sich Zutritt. Es folgt eine kleine Auseinandersetzung
in der unser Gentleman buchstäblich sein halbes Gesicht einbüßt,
Yuri mit der Jungfrau über die Reling springt und im nächsten
Dorf um Hilfe bittet:"Kein Problem, sagen die zwei Rotzgören
am Tor, kommt rein und ruht euch aus.
Es
wäre anständig von ihnen gewesen zu erwähnen, daß
die Dorfbewohner üblicherweise bis zu den Knien in Leichen
stehen und Kannibalen sind.....
Die
Rede ist von "Shadow Hearts", Sacnoths neuesten RPG,
welches sich sein "M" Rating schon nach einer Stunde
redlich verdient hat...ja, Sacnoth-die KOUDELKA Sacnoth, welche
letztes Jahr eins der schlechtesten RPGs des Jahres rausbrachten
und auf die ich keine müde Mark mehr gesetzt hätte.
Was ein Fehler gewesen wäre-ich bin jetzt 10h dabei und SH
hat es geschafft mich von DQ7 wegzulotsen und DAS will was heißen.
Wer immer schon mal ein "Persona" Style RPG spielen
wollte, ohne dabei vor teilweise fast unüberwindliche Schwierigkeiten
gestellt zu werden, sollte zügig zugreifen....
Der
Reihe nach:
Grafik:
Die beiden Gs regieren-von grottig bis göttlich ist alles
dabei. Die Renderbackgrounds variieren von gut bis atemberaubend
(Detailreichtum pur), die Chars sind immer erstklassig animiert
und die Menüs sind sehr edel und übersichtlich gestaltet-bei
der battlegrafik merkt man dann,daß Sacnoth NICHT Square
ist und das Geld irgendwann zuende war-das Monsterdesign dümpelt
zunächst auf "peinlich" Niveau, erholt sich dann
aber Gott sei Dank recht schnell und pendelt sich irgendwo im
Mittelmaß ein. Nicht schlecht, aber auch nicht wirklich
gut und KEIN Vergleich zu Persona. Anders hingegen die backgrounds:
Die sind auch nach 10h immer noch grottig und wären für
die PSX gerade noch zumutbar, aber auch dieser lapsus hat etwas
sehr gutes. Dazu später mehr...
Story+Chars:
fast ein Ding der Unmöglichkeit, dazu was zu schreiben. In
eurer Party sind: Yuri, Halbrusse, keine Manieren, hat ein transzendentales
Prob mit seinem Dad und im ständigen Kampf mit seiner übermächtigen
Libido. Alice, Pfarrestochter mit EXTREM kurzen Rock und Bibellesungen
die es in sich haben. Margarete Zelle, Teilzeitspionin, Sprengmeisterin
mit einem Faible für Schußwaffen und push-up Bhs. Zhuzen,
Zauberer aus Passion und gelernter Sarkast. Mit diesen..ähh..Individuen
macht ihr euch also auf den Weg klein Alice zu beschützen
und nebenbei noch einem etwas neben der Kappe stehenden Oberzaubermeister
eine "Demoninvocation" zu versauen....
Klingt
wirr, ist wirr, wird aber straff erzählt-SH ist butal linear,
eine Oberwelt ist fast nicht vorhanden und hier auch nicht nötig-das
ganze lent sich stark an Lovecraft an und mixt es mit chinesischen
und japanischen Mythen und Märchen-was ihr noch nie über
Taoismus, Feng Shui, Yin und Yang und Chi wissen wolltet...hier
erfahrt ihr es.
Die
engine: Ich hatte eine Katastrophe befürchtet und spiele
jetzt seit 10h das ausgeklügelste Kampfsystem, welches mir
seit langem unter die Finger gekommen ist. Die Designer haben
exzessiv Legend of Dragoon, FF9 und Persona gespielt und eine
SEHR überzeugende engine auf die Beine gestellt. Alles dreht
sich im Spiel um den sogenannten "Judgement Ring"-ein
Ring, der meistens in drei oder mehr gelb/rote Teildiagramme aufgeteilt
ist, über die ein Cursor läuft. Wollt ihr jetzt kämpfen
habt ihr die Wahl: klickt ihr die Diagramme im gelben Teil an,
wird der Angriff normal ausgeführt, es sei denn ihr haut
gleich beim ersten Mal daneben. Geht ihr Risiko und versucht den
Cursor im (meist winzigen) roten Bereich zu stoppen, werden aus
den normalen Angriffen ziemlich fette Combos, allerdings ist die
Gefahr hier zu versagen sehr, sehr groß.
Und
das ist alles. Über items lässt sich mit dem Ring und
dem Cursor so ziemlich alles anstellen, was geht. Größer,
kleiner, schneller, langsamer etcpp...die Möglichkeiten sind
endlos und bis jetzt ALLE sinnvoll.
Jeder
der Chars verfügt über ein Art ihm eigene Magie-nennt
es von mir aus Summons, ihr wisst was gemeint ist-aber wer jetzt
innerlich aufstöhnt und schon anfängt die Sekunden zu
zählen sei beruhigt- die Kämpfe sind extrem kurz und
die specials haben was von Valkyrie Profile:kurz aber heftig-SH
langweilt euch keine Sekunde mit unnötigen Ballast, hier
setzt aber auch mein einziger Kritikpunkt an: die Kämpfe
sind definitiv zu einfach, mag aber auch sein daß ICH da
mittlerweile den Realitätsbezug verloren habe.
Eure
Waffen werden von einem schwulen Akupunkteur mittels Massage aufgelevelt-nach
jeder Sitzung schallt den männlichen Partymitgliedern ein
"War es für dich auch so schön" hinterher...:)
Völlig abgefahren, aber der gute hat Preise..uiuiui...
Die
ER ist sehr niedrig-fast schon zu niedrig-was ihr aber ändern
könnt-je mehr Monster ihr tötet, desto höher steigt
ein kleiner Anzeiger rechts unten, auch Malice genannt-mit jeder
Farbveränderung nimmt die ER ein wenig zu bis der Counter
rot ist- DANN ist die ER hoch, allerdings ist dann auch die Gefahr
eines sofortigen "Game overs" immens hoch...ihr werdet
schon merken warum. Sehr clever gemacht. Die Anzeige lässt
sich auf dem örtlichen Friedhof bei einer Tasse Tee und einer
gemütlichen Prügelei übrigens jederzeit wieder
auf null stellen...sollte man auf einem savepunkt stehen.
Hinzuzufügen
ist, daß die Charporträits sehr edel rüberkommen,
wie auf Foliantenpapier und die wenigen Filmsequenzen ausgesprochen
stylish und teilweise bewußt zurückhaltend inszeniert
sind. Eine Geigerin in Shanghai wird z B in einem grobkörnigen
S/W Film gezeigt und ein chinesisches Schauermärchen von
einer alten Frau erzählt-nur untelegt mit Andeutungen von
Bildern und sprachlich exzellent gemacht...man wird quasi in das
Märchen mit Stilmitteln gezogen, die man nicht für möglich
gehalten hätte.
Der
Score ist _so_ gut, daß ich ihn teilweise auf Endlosschleife
zur Berieselung habe durchlaufen lassen, Mitsuda ist u. a. mitverantwortlich
und es ist einer seiner besten- seid aber gewarnt: experimentell
beschreibt das ganze nur unzutreffend, von leiser Harfenmusik
bis hin zu schauerlichen, schlichten Krach ist alles dabei und
der Witz ist: fast alles frisst sich zum mitsummen im Kopf fest.
Wohl einer der schönsten RPG scores seit Chrono Trigger.
Insgesamt
ein sehr ansprechendes RPG von einem kleinen Team, mit völlig
durchgeknallter Thematik und noch durchgeknallteren Chars mit
einem einsteigerfreundlichem Schwierigkeitsgrad und gut durchdachter
battle engine-für Genre Liebhaber imo ein absolutes "must",
weil abseits von FF und DQ außer Persona ja nun nicht so
sehr viel existiert und auch Gelegenheitsspieler sollten nicht
scheuen mal reinzuschauen-das Setting und das ganze Spiel ist
außergewöhnlich und wer mal auf Bombast a la FF10 oder
SoA verzichten kann, gibt Shadow Hearts eine Chance...
Ihr
werdet dafür mit einem Hauptchar belohnt, der seekrank ist,alle
2 Minuten über die Reling reihern muß, aber immer noch
über Sex nachdenken kann...
Fazit : Ein
außergewöhnliches RPG, dem man anmerkt daß die
coder aus ihren Erstlingsfehlern gelernt haben-Chardesign, engine
und setting sind stimmig, alleine die battle Grafik enttäuscht
teilweise derbe-dafür ist es _extrem_ einsteigerfreundlich
und unkompliziert mit einem niedrigem "Nerd" Faktor,
also auch für Leute spielbar, die keine 120 Stunden Zeit
für eine CD haben. Der schräge background tut sein übriges
um es auch für Leute interessant werden zu lassen, die bei
dem Gedanken an Fantasy immer diverser Brechreiz überkommt.
Spielspaß