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Review der US-Version

 
von Greg

  Das Jahr 2000 war für RPG-Fans das wohl bisher ertragreichste Jahr überhaupt, selten wurden so viele Top-Hits in so kurzer Zeit auf den Markt geworfen. So ziemlich jeder namhafte Hersteller leistete seinen Beitrag, seien es Squaresoft, die quasi am Fließband erstklassige Werke wie Chrono Chross, Final Fantasy IX oder Front Mission 3 produzierten, Enix, die mit Valkyrie Profile einen Innovationspreis nach dem anderen einheimsten oder auch Capcom, deren Breath of Fire IV 2D-Fans mit traumhaften Animationen begeisterte. Wenn man nun aber aus dem riesigen Bottich jenes RPG herausfischen will, bei dem die Erwartungshaltung und Vorfreude unter den Spielern am größten war, dann kommt man an einem Namen nicht vorbei: Eternal Arcadia, dem "Meisterstück" von Sega ... Erstmals hörte man von dem Spiel schon im Sommer ’99. Sega gab damals zur Freude aller RPG’ler bekannt, daß das Entwicklerteam der Kult-Reihe Phantasy Star die Arbeit an Project Ares, einem Rollenspiel für ihre noch frische Dreamcast-Konsole aufgenommen haben. In den folgenden Monaten kamen immer mehr Details ans Licht, wie z.B. das frische Luftpiraten-Szenario, in dem ihr in einer Welt voller schwebender Inseln auf Raubzug gehen könnt, dazu wurde ein Berg an Innovationen versprochen, der aus Eternal Arcadia (neuer Titel) das Über-RPG schlechthin machen sollte. Der Hype um EA nahm derartige Ausmaße ab, die nicht mal Square mit ihrer Chrono Trigger-Fortsetzung erreicht hatten. Es verging nun etwas über 1 Jahr Zeit, bis das Spiel schliesslich im Herbst 2000 an die japanischen Gameshops ausgeliefert wurde. Ein paar Wochen und Verschiebungen später waren dann im November die amerikanischen Spieler dran, die das Game nun unter dem offiziellen westlichen Namen Skies of Arcadia erwerben durften. Ungeduldige Rollenspieler (wie meiner einer :), die kein halbes Jahr auf die deutsche Lokalisation warten wollten und sich deshalb für eine der NTSC-Fassungen entschieden, erlebten zuhause dann eine mittelschwere Überraschung, denn wie das japanische Original verweigerte auch die US-Version den Betrieb per RGB-Kabel. Dies stellte sich zum Glück aber als halb so wild heraus, denn per VGA-Box, Chinch- oder S-Video Kabel war wieder alles im Lot und der "Spaß" konnte endlich losgehen.

Wer nun Skies of Arcadia das erste Mal in seinen Dreamcast einlegt und bootet, wird nach kurzem Warten im Hauptmenü von einem furiosen Echtzeit-Vorspann begrüßt, der jedem gestandenen Pre-"128-Bit Rollenspieler" die Freudentränen in die Augen treibt. Wer sich von dem Grafik-Hammer erholt hat, darf sich gleich ins eigentliche Spiel stürzen. Wie schon in der Einleitung erwähnt, spielt die Geschichte in der Welt von Arcadia, welche aus einer Vielzahl an schwebender Inseln und Kontinenten besteht. Der Verkehr zwischen den Inseln wird mit Hilfe von Schiffen abgewickelt, die sich sogenannter "Moon Stones" als Energiequelle bedienen und so fliegen können. Ihr schlüpft nun in die Rolle von des jungen Luftpiraten Vyse, welcher mit seinem Vater Dyne & dessen Crew die Lüfte unsicher macht. Wer jetzt sich jetzt erhofft, mal zur Abwechslung den Bösewicht zu spielen, liegt falsch, denn Vyse & co zählen zu den "Blue Rogues", die Robin Hood-like nur Schiffe des kriegerischen Imperiums von Valua ausrauben und den Bedürftigen helfen.

Nach einem turbulenten Auftakt und kurzer Einführung in die verschiedenen Spiel-Elemente wird euch die Marschrichtung für den Rest des Spieles vorgegeben: Erkundet mit Vyse und seinen Freunden Arcadia und sammelt dabei 6 "Moon Crystals" ein, hinter denen auch das valuanische Imperium her ist und damit die Weltherrschaft anstrebt... Klingt nicht besonders prickelnd? Nun ja, das stimmt, rein storytechnisch gesehen ist Skies of Arcadia wirklich nicht gerade der Bringer, denn bis auf ein paar nette Wendungen wird dem "Xenogears & co."-gestählen Japano-RPG’ler nichts Weltbewegendes vorgesetzt. Dazu kommt, dass das Gros der Charas recht eindimensional und flach gestaltet wurde und nur selten mal ein wenig mehr Tiefe bekommt, erzählerische Mittel wie z.B. Rückblenden fehlen beinahe völlig. Doch keine Angst, im Gegensatz zu vielen anderen RPGs’ bezieht Skies of Arcadia seine "Faszination" nicht in erster Linie aus der Storyline, sondern lebt von ganz anderen Faktoren wie z.B. der gigantisch guten Präsentation.

Technisch gesehen stellt SoA systemübergreifend einen Meilenstein in der RPG-Geschichte dar, weder der hartnäckige Konkurrent Grandia 2 noch aktuelle PC-Produktionen können dem Sega-RPG optisch das Wasser reichen. Das komplett polygonale und im Anime-Stil gehaltene Abenteuer besticht durch fein animierte Figuren mit ausgeprägter Mimik, die Umgebungsgrafik ist sehr aufwendig texturiert und läuft dazu noch im normalen Spielbetrieb fast durchgehend flüssig auf 30 fps. In den Kampfmodi gibt es sehr schöne Special- und Zauberanimationen zu bewundern, blitzende Lichteffekte und wuchtige Sounds stellen euer Heimkino auf die Probe, leider sorgt die Effektorgie öfters für Einbrüche in der Framerate, die sich aber leicht verschmerzen lassen. Ein wenig schwächelt die Grafik-Engine von SoA bei der Oberwelt, die mangelnde Weitsicht sorgt für einen späten Aufbau der Objekte, aber dieser Umstand wird durch den geschickten Einsatz von Wolken- & Nebel-Effekten kaschiert. Soundtechnisch bleibt ebenfalls alles im Rahmen. Die Effekte sind wuchtig, die Musiken variieren je nach Situation stark genug, um trotz des Einsatzes von "wischenden" Windsamples nicht auf die Nerven zu gehen, ab und an tönt sogar ein klasse Track aus den Boxen. Kein Mitsuda-OST, aber immerhin.

Doch nicht nur die hohe Qualität von Grafik & Sound zählen zur Präsentation, auch die "Regie" & Kamera-Arbeit tragen viel zum erstklassigen Eindruck bei. In den ausufernden Ingame-Zwischensequenzen (trotz zweier GDs ist übrigens kein Rendermovie im Spiel enthalten) werden die Geschehnisse durch interessante Kamerafahrten und geschickte Zooms ins rechte Licht gerückt. Bei den verschiedenen Kampfmodi darf man dazu noch rasant geschnittene Specials bewundern und die Kamera rotiert kräftig hin und her, obwohl letzteres eher ein Nachteil ist, doch dazu später mehr, wenn wir zum Kampfsystem kommen.

Einen großen Anteil am Spielsystem von SoA hat die Oberwelt. Sie dient zur Abwechslung mal nicht nur als optisches Beiwerk zum Reisen zwischen den Ortschaften & den Dungeons, sondern stellt (ähnlich wie bei Wild ARMs 2) quasi ein eigenes Spiel im Spiel dar. Ihr besucht mit eurem Luftschiff die verschiedensten Locations, vom Wüstenkontinent über riesige Eismassen bishin zur fernöstlichen Zivilisation inkl. schwebender, großer Mauer und Fujiyama-Kopie wird viel Abwechslung geboten. Damit ihr nicht schon zu Beginn überall hinreisen könnt, ist Arcadia von starken Luftwirbeln und undurchdringlichen Stein- & Eis-Gürteln umgeben, die ein Weiterkommen vorerst verhindern. Erst durch entsprechende Upgrades an eurem Fluggerät werden diese Hindernisse passierbar, so daß ihr nach und nach immer mehr von der Welt zu sehen bekommt und euch quasi als "Kolumbus der Lüfte" betätigt. :) Es bleibt aber nicht nur beim reinen Erkunden, denn Arcadia ist zusätzlich mit sogenannten "Discoveries" gefüllt, kleine archäologische Funde (z.B. antike Schiffswracks, ungewöhnliche Naturphänomehn etc.), die sich an besonderen Stellen befinden und darauf warten, von einem findigen Abenteurer entdeckt zu werden. Informationen zu den Fundorten könnt ihr in jeder größeren Ortschaft in "Gilden" für wenig Geld erkaufen, aber auch durch Gespräche mit den Anwohnern lässt sich so manches erfahren. Habt ihr die Discoveries dann schliesslich gemacht, könnt ihr sie für viel Geld verkaufen, bahnbrechende Neuigkeiten schlagen sich entsprechend kräftiger auf eurem Konto nieder als bekannte Tatsachen, die ihr nur zur Absicherung nochmal bestätigt.

Klingt eigentlich nach einer Menge Fun, und das wäre es auch, wenn es da nicht eine Sache gäbe, die den Entdeckertrieb mächtig drosselt ... ich nenne es mal "die Encounterseuche". Ist es nicht schon spaßig genug, in den Dungeons mit einer Random Encounter-Rate jenseits der Final Fantasy- & Breath of Fire-Gefilde beglückt zu werden, die Entwickler konnten es sich anscheinend nicht verkneifen, die Entdecker-Touren auf der Oberwelt nahezu im 5 Sekunden-Takt mit Kämpfen zu unterbrechen. Zwar kann man diesen Umstand ein wenig abmildern indem man gleich zu Beginn des Gefechts flieht, aber inkl. langer Ladezeiten & ausgiebigen Intro-Animationen entstehen so trotzdem Wartezeiten mit bis zu 1 Minute (!) Länge ... ungeduldige Naturen stellen sich besser eine Packung Valium neben die Konsole und schliessen den Baseballschläger vorsorglich im Schrank ein, sonst kann weder für die Gesundheit des Spielers noch des Dreamcast garantiert werden. :)

Besagter Nerv-Effekt macht leider nicht nur bei der Oberwelt halt, auch die Dungeons verlangen einiges an Geduld und Sitzfleisch von euch ab. Die Dungeon-Designer verstanden es eigentlich recht geschickt, dem Spieler durch die hübsche Umgebungsgrafik und verschachtelt wirkenden Aufbau Komplexität zu suggerieren, aber im Endeffekt macht man zu 90 % nichts anderes, als den vorgegebenen Weg abzulaufen, sich an ein paar Abzweigungen Extras abzuholen und sonst nur Kämpfen, Kämpfen, Kämpfen... was manchmal sogar 1 bis 2 Stunden Zeit pro Kerker in Anspruch nehmen kann. Zum Glück bestätigen ein paar Ausnahmen die Regel, so dürft ihr u.a. Party-Splitting betreiben, euch mit drehbaren Brücken herumschlagen oder Zelda 64-like per Schalter mit Wasserständen spielen, aber wie gesagt handelt es sich dabei leider um Ausnahmen, die dem Spiel nicht im großen Maße weiterhelfen. Für Hasser von "Try & Error"-Dungeons wie den Babeltower in Xenogears haben sich die Designer übrigens ein besonderes Schmankerl ausgedacht und einen Kerker eingebaut, bei dem man beim Betreten der falschen Abzweigung sofort an den Anfang zurückgeworfen wird und den ganzen Weg nochmal abarbeiten darf ... inkl. Encounters, versteht sich.

Gut, die Dungeons sind nicht besonders komplex und mit massig Encounters gefüllt, "was soll’s ?" werden da manche sagen, "ist z.B. bei Final Fantasy IX ja genau so". Dem kann man sogar bedingt zustimmen, nur mit dem Unterschied, dass die FFIX-Dungeons bei weitem nicht so langatmig wie bei Skies of Arcadia dahinsiechen. Dazu kommt, daß das ATB-Kampfsystem, so veraltet es auch sein mag, im Gegensatz zum SoA-Machwerk tadellos funktioniert, was uns ohne Umstände zu dem Punkt führt, der SoA endgültig das Genick bricht und aus den 80’er-Wertungsregionen herausfallen lässt ... der Battle-Engine.

Hmm, wo fangen wir denn an ? Also, auf den ersten Blick macht das SoA-Kampfsystem eigentlich einen ganz netten Eindruck. Das interessante Skillpoint-System, bei dem sich Specials & Zauber einer Punkte-Leiste bedienen, die auf verschiedene Wege aufgeladen werden kann, ist mal was neues, dazu darf man jederzeit per "Element-Kristall" die Wirkung seiner Waffen ändern und an die Gegner anpassen (z.B. um Feuergegner per Eiswaffe zu bekämpfen). Leider hält die Euphorie über die frischen Spielelemente nicht allzu lange an, denn nach und nach treten immer mehr die Schwächen in den Vordergrund. Als erstes sticht die willkürliche Plazierung der Charas und Gegner ins Auge. Wenn es ein einem RPG schon Zonen-bezogene Zauber & Specials gibt, dann sollte man wenigstens ein wenig die Position der eigenen Figuren beeinflussen können, was in SoA aber schlichtweg nicht geht. Eure Charas laufen ohne euer Zutun fröhlich auf dem Battlefield hin & her und lassen sich auf nutzlose Scheingefechte mit den Gegnern ein, normale Angriffe werden je nach Lust und Laune mal direkt am Gegner, mal aus der Distanz getätigt. Dieser Umstand ist besonders dann nicht gerade witzig, wenn mal ein knackiger Boss eure gesamte Party mit einem Line-Special umnietet, weil der Computer dummerweise alle Chars nahe beieinander geführt hat. Die Programmierer hätten sich mal ein Beispiel an der Grandia 2-Engine nehmen sollen, bei der es wesentlich dynamischer zugeht und man trotzdem seine Party relativ unter Kontrolle hat. Und weiter geht’s ...

Wer die Kamera-Arbeit während der Kampfsequenzen verbrochen hat, gehört eingesperrt oder an Sacnoth verkauft. Da wird gezoomt und gedreht, bis der letzte Rest an Übersichtlichkeit flöten geht und man nicht mehr weiß, ob man den richtigen Gegner anvisiert hat oder nicht. Die Element-Farben euer Gegner könnt ihr erst sehen, wenn ihr eure Kommandos schon eingegeben habt, entsprechen die Farben nicht den benötigten, heißt es wieder zurück gehen und sich nochmal durch die Menüs klicken. Die Programmierer waren offensichtlich so stolz auf ihre fesche Grafik-Engine, daß man kurzerhand ein dynamisches Gameplay gegenüber optischen Spielereien geopfert hat, was im Grunde einem Kampfsystem schon im Voraus der Totenschein ausstellt. Hat man dazu noch erstmal die ganzen Schlupflöcher in der Battle-Engine entdeckt, sinkt der Schwierigkeitsgrad ins Bodenlose, denn trotz der Gegner-Vielfalt lässt sich quasi jeder Kampf mit der selben Taktik erfolgreich bestreiten: Element auswählen, Special benutzen und ev. Heilen oder Skillpoints aufladen. Die über 30 Zaubersprüche, die man im Laufe des Spieles erlernen kann, werden dank billiger Items und Specials zu 95 % zur Nutzlosigkeit degradiert. Auf den Schwachsinn mit den Revive-Items, die nicht zu 100% wiederbeleben, gehe ich garnicht erst weiter ein. Wenn man jetzt noch bedenkt, daß man dank der hohen Encounter-Rate diesen ganzen Schwurbel quasi alle paar Sekunden durchstehen muß, sollte man sich eine Nebenbeschäftigung während des SoA-Spielens suchen, denn sonst ist die Motivation schnell weg und das Game landet in der Mottenkiste. Noch schlimmer sind aber die Luftgefechte, die vom Stil her leicht an das erstklassige Panzer Dragoon Saga-System erinnern, aber durch stupide simplen Ablauf und ausladenden, sich wiederholenden (und nicht abbrechbaren) Animationen erstickt werden. Selten habe ich so eine Zeitverschwedung wie hier erlebt, 2 oder 3-minütige Zwischensequenzen wären wesentlich sinnvoller gewesen.

Insgesamt gesehen hat Sega mit Skies of Arcadia ein Paradebeispiel für einen grafischen Blender geliefert, denn in beinahe allen relevanten Punkten, die ein gutes Konsolen-RPG ausmachen (Storyline, ausgefeilte Charaktere, Dungeons, Battle-Engine usw.) versagt das Spiel kläglich. Dies ist eigentlich doppelt schade zu bewerten, denn die Optik verfehlt ihre Wirkung nicht und fesselt wie auch das ausladende Weltendesign und die versteckten Secrets vor dem Bildschirm. Wenigstens hat SoA mal einen guten Vorausblick darauf gegeben, wie die technische Zukunft der Rollenspiele aussehen wird und was für Granatenspiele uns erwarten, wenn mal fähige RPG-Designer an die Next Generation-Konsolen gelassen werden. Bleibt zu hoffen, dass sich die Programmierer mit SoA grafikmäßig ausgetobt haben, und bei einem möglichen Offline-Phantasy Star auf der PS2 wieder auf die Qualitäten besinnen, die aus Teil 4 das beste Sega-RPG überhaupt gemacht haben. Schaut euch am besten auf dem Gebrauchtmarkt nach einem günstigen Exemplar um und beeindruckt eure Freunde mit PC & PS2 damit, was der Dreamcast noch zu leisten im Stande ist

  Fazit : Optisch überwältigendes RPG mit guter Musik und interessantem Weltendesign. Leider drücken eine hohe Encounter-Rate, simple Dungeons, mittelmäßige Story und nicht zuletzt das grottenschlechte Kampfsystem kräftig auf die Wertung, überdurchschnittlich, nicht mehr. Spieldauer reicht von 45 bis 55 Stunden.


Grafik       

Sound      

Spielspaß