Fade to Black - Kapitel 1
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Ok, vielleicht sollte ich vorher etwas zu den Kapitelnamen erklären
und ein paar Leuten danken.
Die Kapitelnamen sind allesamt von irgendwelchen Liedern, mal
bekannt, mal weniger bekannt. Das wollte ich nur gesagt haben.
Danken möchte ich Dominion, für seine geistreichen und immer
*sehr* angebrachten Sprüche (Ich sag nur: Hose.), Benny, für
seinen Sarkasmus (*g* Die Katze!), Liz, dafür, daß sie nicht mehr
fünf Wochen braucht, biß sie ein Kapitel hiervon gepostet hat,
ZC, dafür, daß er mich, sobald ich online bin, mit ICQ Messages
zubombt, Metallica, für die Lieder, die mich in die Stimmung
gebracht haben, das hier zu schreiben, meiner Mutter, die immer
im ungünstigsten Augenblick anruft (wenn ich grad dusche oder so),
meinem Infolehrer, der mich immer und immer wieder sein Paßwort
abgucken läßt, meinem Hund, der immer die Bienen und Wespen
in meinem Zimmer auffrißt, Karo, dafür, daß sie mich immer beim
Rauchen begleitet (*g*), Puretec, dafür, daß sie meine Domain nach
2 Tagen fertig hatten, Squaresoft, für die besten Spiele überhaupt,
Capcom, für ein paar ganz nette Spiele (MM, MMX usw.), Robert
aus meiner Klasse, der mir seine vollkommen zerkratzten Heavy
und Trash Metal CDs für 3 DM verkauft, Kai, der absolut coole
Sprüche in Latein draufhat, dem Licker im Zauberspiegelraum bei
Resident Evil 2, der mir um 3 Uhr nachts SO einen Schrecken
eingejagt hat, daß ich mich nicht mehr getraut habe,
weiterzuspielen, Tobis XPloder, weil ich mit Claire dadurch mit der
Gatling Gun spielen konnte ("MWAHAHAHA!!!!! STERBT!!!!!!!
*wwuuuiiiiiiBLAMBLAMBLAMBLAMBLAMBLAMBLAM!!!!*") und
last but not least meinen amerikanischen und japanischen RP
Leuten, die das hier zwar nicht verstehen werden, aber trotzdem...
Ich danke nicht: Strato - nur ich weiß, wieso, Steele, der mich oft
genug aufgeregt hat und sich wegen dem hier noch mehr aufregen
wird, meinem Vater, weil er im einen Augenblick einfach nur
korrekt ist und im nächsten total spinnt, Caezari, weil er laufend
Kippen von mir schnorrt, meiner beschissenen Biolehrerin, die nicht
mal versteht, wenn ich sie als "verdammte Jenova-Geburt"
beschimpfe, meiner Englischlehrerin, die sowieso ne Macke hat und
mein amerikanisches Englisch nicht mag und meinem Politiklehrer,
der uns, wenn er uns vor der Schule beim Rauchen sieht, erstmal zwei
Jahre mit Paragraphen des Sowiesogestzes zutextet, bis er dann
mitbekommt, daß wir schon 16 sind...
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Es war an einem kalten Februarnachmittag. Die lauten Autos
verstopften die Straße als der Schnee leise fiel. Die Platformen, die
die Slums einst vom Himmel abschnitten, waren entfernt worden (Oder
von Meteor zerstört), und so konnten die Leute darunter vom Wetter
profitieren oder darunter leiden. In Wirklichkeit war der Schnee nicht
das einzig Neue in Midgar. Mit Shin-Ra ausgelöscht mußten die Leute
einen neuen Bürgermeister wählen, um ihre Stadt wenigstens einigermaßen
wiederaufzubauen. Was auch immer vom alten Shin-Ra Gebäude übrig war,
wurde abgerissen, um Platz für neue Gebäude zu machen. Aber das
Wichtigste war, daß die alten, dreckigen Slums endlich durch nette,
kleine, und vor allem sauberere Nachbarschaften ersetzt wurden. Buch-
stäblich alles in Midgar veränderte sich. Von den Shops über die Fern-
sehsendungen, die Telefone, die Firmen, die Steuern bis hin zu den
Verkehrsverordnungen (Die es bis dahin eigentlich gar nicht gegeben
hatte).
Als Tifa über die frequentierte Straße huschte, zog sie ihren
Schal enger um ihren Hals. Ganz schön kalt heute, dachte sie bei
sich, Ich hoffe, Cloud kommt auch mal ohne mich zurecht. Sie
ging die Straße entlang, bis sie über einen dunklen Seitenweg auf einen
kleinen, viereckigen Platz mit Kopfsteinpflaster gelangte, dessen Mitte
ein alter, kaputter Springbrunnen markierte.
"Hm... das muß es sein." murmelte sie als sie einen kleinen
Zettel aus ihrer Jackentasche zog. Auf ihm stand lediglich "Bitte
treffen sie sich mit mir im Rosa Café, Tally Square, um 17 Uhr. Es ist
dringend." Tifa wußte nicht, wer die Nachricht geschrieben hat. Sie
dachte zuerst, Barret hatte den Zettel geschickt, aber Cloud, der
mittlerweile bei ihr lebte, glaubte das nicht. Barret lebte auf der
anderen Seite der Welt. Und, hatte Cloud argumentiert, seit wann hat
Barret so eine hübsche Handschrift?
Sie seufzte genervt als sie das Cafe fand. Es war ein sehr
kleiner, baufällig aussehender Schuppen, mit einem giftgrünen Neon-
schild über der verdreckten Eingangstür, das wohl den Namen des Cafes
darstellen sollte. Sie wußte nicht wieso, aber sie hatte kein gutes
Gefühl, was dieses "Treffen" anbelangte. Aber jetzt war sie schon so
weit. Und außerdem wollte sie wissen, von wem diese Nachricht stammte.
Als sie die quietschenden Glastür aufdrückte, merkte Tifa, daß
kaum jemand in dem Cafe saß. Nur ein alter Mann, der seine Zeitung
las und eine Tasse Kaffee trank. Er sah sie kurz an, machte aber keine
weiteren Anstalten, auf sich aufmerksam zu machen. Er trank einen
Schluck aus der Tasse und blätterte um. Hmpf, nur ein Scherz!
grummelte Tifa in Gedanken als sie sich umdrehte, um nach Hause
zu gehen.
"Miss Lockheart, nehme ich an?"
Sie zuckte zusammen, als sie einen großen Mann vor ihr stehen
sah, der sie mit einem freundlichen Lächeln ansah.
"J..ja?" stotterte sie überrascht.
"Ich bin froh daß sie doch noch gekommen sind." sagte der Mann,
"Möchten sie etwas trinken?"
Er bestellte einen einfachen Kaffee, aber Tifa lehnte das
Angebot dankend ab, aus Mißtrauen. Als die beiden sich in eine Ecke
des Cafes an einen kleinen Tisch setzten, dachte Tifa darüber nach, was
ihr an dem Mann so merkwürdig vorkam. Er hatte einen netten, schwarzen
Anzug an und einen offensichtlich teuren Mantel darüber. Aber das war
es nicht, was Tifa so irritierte. Es war sein Gesicht, wie sie sogleich
bemerkte. Er hatte ein junges, gutaussehendes Gesicht mit schneeweißem
Haar, das ihr fast unnatürlich erschien. Es war dick, weich und einige
Strähnen hingen ihm ins Gesicht, aber die Farbe stimmte nicht. Dann
bemerkte sie die merkwürdige Farbe seiner Augen: sie waren 'dunkel-
pink', anders konnte Tifa sie nicht beschreiben. Sie hatte noch nie zu-
vor so eine Augenfarbe gesehen.
"Nun ja," begann der Mann, womit er Tifas Gedanken unterbrach,
"Ich bin mir sicher, sie möchten wissen, warum sie hier sind."
"Ja." erwiderte Tifa leicht gereizt, "Sie schicken mir eine
Nachricht, laden mich zu 'nem Kaffee ein und ich kenne nicht mal ihren
Namen!"
"Eh..." Der Mann lächelte, "Ich bin es nicht wert, daß man mich
kennt."
Tifa runzelte unzufrieden mit seiner Antwort die Stirn.
"Mister, was wollen sie von mir?"
"Ich werde ihre Zeit nicht weiter in Anspruch nehmen," sagte
der Mann als er seine Tasse in die Untertasse stellte. Er griff in
eine Innentasche seines Mantels und legte ein Bild vor Tifa auf den
Tisch.
"Kennen sie diesen Mann, Miss Lockheart?"
Tifa nahm das Bild in die Hand und sah es sich an. Es zeigte
einen jungen Mann in einem marineblauen Anzug... ein Turk-Anzug, wie
Tifa bemerkte. Er hatte dickes, rabenschwarzes Haar, welches kurz-
geschnitten war und helle, blaue Augen. Sie sah sich das Bild noch eine
Weile an... dieses Gesicht... ist das...
"Ist das Vincent?? Vincent Valentine?" Tifa wußte, daß Vincent
ein Turk war, aber sie wußte nicht, daß er so ausgesehen hatte.
"Ja, das ist Vincent Valentine." bestätigte der Mann, "Ich muß
mich entschuldigen, das Bild ist sehr alt... aber ich habe gehört, daß
er sich nicht sehr verändert haben soll."
Wie wahr, überlegte Tifa, Vincent wurde rein
äußerlich nicht älter. Nicht seitdem Hojo seinen Körper ..."verändert
hatte".
"Aber," begann Tifa, "Warum zeigen sie mir sein Bild?"
"Ich würde sie gerne fragen, Miss Lockheart, ob sie wissen, wo
ich Mister Valentine finden kann?"
Tifa starrte ihn überrascht an. "Wie bitte...? Sie wollen
wissen, wo Vincent ist?"
"Ja."
Es lag etwas sehr kaltes in der knappen Antwort des Mannes,
fast schon boshaft, als sein Blick Tifas Augen traf. Es war, als ob er
versuchte, die Antwort zu erzwingen. Tifa fummelte nervös an ihrem
Schal und sah, um seinen Blick zu vermeiden, auf den Boden.
"Es tut mir leid, Mister, aber ich weiß nicht, wo er ist."
antwortete sie vorsichtig.
"Sind sie sicher?" fragte der Mann als er sich eine Zigarette
aus seiner Seitentasche ansteckte. "Ich weiß, daß sie ihn vor gut einem
Jahr gefunden haben, und daß er ihrer kleinen Gruppe anschließend
hinterhergelaufen ist. Und sie sind sicher, daß er keinen Hinweis
darauf gegeben hat, wo er sich jetzt aufhalten könnte?"
Woher zum Teufel weiß dieser Typ all das? fragte
sich Tifa mit steigendem Unwohlsein.
"Es tut mir leid, aber Mister Valentine hat niemals erwähnt,
wo er hinwollte. Ich habe ihn das letzte Mal in Midgar gesehen, als
wir uns alle getrennt haben."
"Sie wissen wirklich nichts?" fragte der Mann, "Nicht mal ein
Verdacht, wo ich ihn finden könnte?"
Tifa nahm das Bild erneut hoch und betrachtete es, diesmal mit
besonderer Aufmerksamkeit für Vincents Augen. Sie waren blau, schön,
aber vollkommen ausdruckslos, wie immer. Das war es, was Tifa an ihm
störte. Er redete nur, wenn er angeredet wurde, er vermeidete jede
Art von Aufmerksamkeit, und stand immer möglichst weit weg von den
Anderen. Tifa legte das Bild wieder hin und atmete tief ein.
"Hören sie zu," begann Tifa, als sie zu ihm aufsah, "Als
Avalance sich auflöste, ist jeder von uns einen anderen Weg gegangen.
Mister Valentine hat niemals erwähnt, was er vorhatte. Eigentlich
hat er sich einfach nur umgedreht und ist weggegangen, ohne auf
Wiedersehen oder so was zu sagen. Das ist alles, was ich weiß, Mister."
Er sah sie schweigend an, als sie fertig war, und eine unan-
genehmte Stille breitete sich zwischen ihnen aus. Er zog an seiner
Zigarette ein letztes Mal als er schließlich antwortete, "Ich
verstehe."
Der Mann löschte seine Zigarette in dem Aschenbecher, legte ein
bißchen Geld auf den Tisch und steckte das Bild zurück in seine Tasche.
"Dann danke ich ihnen für ihre Zeit, Miss Lockheart. Guten
Tag."
Er stand auf und ging in Richtung Ausgang. "Warten sie! Warum
wollen sie Vincent--"
Der Mann jedoch ignorierte sie und lies die Glastür hinter sich
zufallen. Tifa sah ihm durch die Scheibe nach, bis er in einer Seiten-
gasse verschwand.
Warum ausgerechnet Vincent, fragte sich Tifa, ob die
beiden sich kennen?
Tifa machte sich schweigend auf den Weg zurück zu ihrem
Restaurant, welches auch gleichzeitig ihr zuhause war. Diese Begegnung
hatte offensichtlich keinen positiven Effekt auf sie. Aber sie konnte
nicht aufhören, über diesen merkwürdigen Mann nachzudenken. Ob diese
weißen Haare beabsichtigt waren? Und seine Augen! Was war mit seinen
Augen geschehen. Diese Farbe war eindeutig nicht normal.
Die Straßen hatten sich ein wenig geleert als Tifa ihr Ziel
erreichte. Sie stieg die Treppe zu einem kleinen, sauberen Haus hinauf,
das mit dem Namen "Seventh Heaven" versehen war, und drückte die Tür
auf.
"Ich bin zuhause." sagte sie geistesabwesend und schloß die Tür
hinter sich.
"Hey Tifa!" begrüßte sie Cloud und küßte sie auf die Wange,
bevor er damit weitermachte, den Fußboden zu wischen. "Mann, bin ich
froh, daß du zurück bist! Wischen ist einfach nicht mein Ding. Mein
Rücken bringt mich um!"
Tifa setzte sich an einen der Tische und sah auf ihre Schuh-
spitzen. Warum schien dieser Mann so besessen von dem Gedanken, Vincent
zu finden? Warum wußte er, daß Vincent einst zu Avalance gehört hatte?
Überhaupt, warum wußte er, daß Vincent nicht alterte?
"Yo! Tifa!" unterbrach sie Cloud als er eine Hand auf ihre
Schulter fallen lies.
"Äh..W..was?" stammelte die überraschte Tifa.
"Bist du okay? Ich hab' gefragt, wer diese Nachricht ge-
schrieben hat." Cloud ging in die Hocke und sah zu Tifa hoch, offen-
sichtlich ein wenig besorgt. "Du sahst aus, als ob du in einer anderen
Dimension wärst."
"Ich... bin okay, Cloud!" antwortete sie gekünstelt frölich.
"Also, wer hat sie geschickt?"
"Was geschickt?"
"Die Nachricht, Dummerchen!"
Erst jetzt wurde Tifa klar, daß sie nicht mal den Namen des
Mannes kannte.
"Hey, Cloud?"
"Hm?"
"Weißt du, wo Vincent hingegangen ist, nachdem wir Sephiroth
getötet haben?"
Cloud sah sie merkwürdig an. "Vincent...? Nein, er hat mir nie
erzählt, wohin er gehen wollte..."
Tifa stand auf, und als sie sich selbst an der Bar einen Drink
machte, fragte sie erneut, "Nicht mal einen Verdacht?"
"Tifa," fragte Cloud als er sich vor sie stellte, "Warum willst
du wissen, wo Vincent ist?"
"Ach... interessiert mich nur so." erwiderte sie, um Clouds
Verdacht zu zerstreuen.
"Ich habe keine Ahnung!" sagte Cloud, als er sich am Hinterkopf
kratzte, "Vincent war nicht gerade der gesprächigste Typ, den ich je
getroffen habe. Alles, was ich weiß, ist sein Namen und daß er ein Turk
war."
"Ja... aber wo könnte er hingegangen sein?"
"Woher soll ich das wissen." meinte Cloud, offensichtlich ein
wenig überrascht mit Tifas Hartnäckigkeit. "Er könnte in seinem Sarg
in Nibelheim liegen... vielleicht ist er auch in Junon City..." fuhr
Cloud fort als er sich von Tifa wegdrehte und mit den Schultern zuckte.
"Er könnte sogar hier in Midgar leben!"
Tifa schwieg, als sie ihren Drink in einem Zug leerte. In
der Tat, Vincent könnte überall auf der Welt sein. Kein Wunder, daß
der Typ so genervt war.
"Also, Tifa," begann Cloud, als er den Wischmop wieder in die
Hande nahm, "Wer hat die Nachricht geschickt?"
"Hm? Ach so..." murmelte sie, "Es war keiner da. Nur ein dummer
Streich." Sie fand keinen Grund, Cloud von dem Typen zu erzählen, also
behielt sie es für sich.
"Wir machen besser auf, unsere Kaffeepause ist fast vorbei."
"Okay." stimmte Tifa zu. Cloud war eine große Hilfe, wenn es
um das Betreiben des Restaurants ging. Nach dem Meteor-Zwischenfall
hatten sich die beiden entschieden, hier in Midgar ein neues Restaurant
aufzumachen. Sie vedienten nicht schlecht, auch wenn Cloud manchmal
etwas gelangweilt war, aber Tifa wußte, daß das nur natürlich war.
Jeder in Avalance hatte sich daran gewöhnt, auf der Straße zu leben.
Tifa warf den Zettel mit der Nachricht in den Papierkorb und
stellte die Stühle an die Tische. Wer auch immer dieser Mann war, sie
wünschte ihm viel Glück bei der Suche nach Vincent.
Die Turmuhr schlug elfmal, als der Zug geräusch-
voll seinen Weg über die endlosen Schienen machte. Die Passagiere
begannen, all ihre Sachen zu packen, als der Zug mit einem lauten
Pfeifen hielt und seine Türen öffnete. Viele Leute stiegen aus, bis der
Zug fast leer war. Bevor die Türen sich wieder schlossen, verkündete
eine laute Computerstimme: "Letztes Fahrtziel: Sektor Drei, West-
Midgar. Vorraussichtliche Ankunftszeit: Elf Uhr einunddreißig." Und
nach einem kleinen Ruck nahm der Zug wieder Fahrt auf.
Vincent ließ sich in einen Sitz am Fenster fallen und stützte
sein Kinn mit der Hand ab. Er blickte auf die dunkle Skyline und den
einsamen Mond, der den Himmel bewachte als der Zug aus dem Tunnel fuhr,
auf seinem Weg in Sektor drei.
Das monotone Rumpeln des Zuges auf den Schienen schlug gegen
seinen müden Kopf, er jedoch zog nur seinen langen, schwarzen Mantel
enger und schloß seine Augen. Zwei weitere Fahrgäste ihm gegenüber
flüsterten aufgeregt und sahen ihn dabei an. Er wußte, daß sie über
seine metallene Klaue und seine beängstigenden Erscheinung plauderten.
Vielleicht hielten sie ihn für einen Kriminellen oder einen Psycho-
paten. Aber es interessierte ihn, wie man so schön sagt, einen Scheiß-
dreck, was andere von ihm dachten.
Aber plötzlich fühlte Vincent einen dumpfen Schmerz in seinem
Brustkorb. Er schlug beide Arme um sich selbst und schloß seine Augen
noch fester, in der Hoffnung, den Schmerz zu unterdrücken. Aber es
nützte nichts. Der Schmerz wurde immer stechender, auch wenn Vincent
noch so sehr versuchte, die Attacke in den Griff zu bekommen. Plötzlich
lehnte er sich scharf nach vorne über und begann, mit einer Hand über
seinem Mund, zu husten. Auch wenn er den Anfall zu kontrollieren ver-
suchte, der Schmerz wurde immer heftiger. Er spürte, wie eine warme
Flüssigkeit in seine Hand tropfte, als der Anfall das Leben aus ihm zu
saugen schien.
Die beiden anderen Passagiere starrten ihn an, als ob sie noch
nie einen Mann husten gesehen hatten, standen auf und beeilten sich, in
den nächsten Wagon zu kommen.
Nach einer Minute erfolglosen Kampfes zog sich der Schmerz ein
wenig zurück, und der Anfall verschwand einfach. Vincent, der nach
Luft schnappte, wischte sich ein wenig Schweiß von seinem blassen
Gesicht. Dann erst merkte er, daß er ein paar Blutspritzer in seiner
Handfläche hatte. Er wischte sich mit dem Rücken der Hand über den
Mund, und wie er vermutet hatte, war auch dort Blut. Die Flüssigkeit,
die er gespürt hatte, war sein eigenes Blut.
"Verdammt," keuchte er, "Wird ja immer schlimmer."
Die Computerstimme verkündete, daß der Zug sein Ziel erreicht
hatte, und die Passagiere doch bitte aussteigen sollten. Vincent folgte
dieser Aufforderung. Er sah sich einmal um, aber außer ihm und ein
paar anderen Leuten war der Bahnof völlig leer. Er zog seinen Mantel
enger zu, um den eiskalten Wind, der hier wehte, auszuschließen.
Mit schnellen Schritten machte er seinen Weg aus dem Bahnhof
und folgte einer kleinen Straße in eine noch kleinere Allee. Die kalte
Luft blies konstant gegen sein Gesicht, aber er fühlte sich dennoch
leicht fieberig, wegen des Hustenanfalls. Nachdem er diese Straße
hinter sich gelassen hatte, erreichte er den größten Platz des Sektors,
der voll mit Menschen war, die ihr Wochenende geniessen wollten. Die
Bars hatten ihre Türen weit offen, junge Leute lachten laut und Paare
gingen Hand in Hand flüsternd an dem Schaufenstern der Shops entlang.
Vincent aber fühlte, daß das Fieber immer schlimmer wurde als er über
den Platz schwankte. Farben und Geräusche tanzten um ihn herum, un-
bekannte Gesichter starrten ihn an und verschwommene Körper tanzten
vor seinen Augen. Er stolperte über einen Stein, konnte sich aber
glücklicherweise noch an einer Laterne festhalten, bevor er fiel. Er
biß sich auf die Unterlippe als er denselben Schmerz in seinem Brust-
korb wieder spürte.
Okay, ich bin offensichtlich nicht in der Verfassung, weiter
zu gehen...
Mit einem müden Seufzen ließ er sich in eine Parkbank, und
bedeckte sein Gesicht mit einer Hand als er sich nach vorne beugte. Die
junge Frau, die am anderen Ende der Bank saß, bemerkte seine Klaue,
sprang auf und rannte davon. Vincent jedoch achtete auf nichts außer
dem Schmerz, der an seiner Lunge kaute und dem Fieber. Er fühlte einen
zweiten Anfall, kämpfte aber dagegen an. Glücklicherweise war er
diesesmal der Sieger. So verschwand der Schmerz wieder und es war ihm
möglich, normal zu atmen.
Das Beste wäre wohl jetzt, nach Hause zu gehen. Aber die
Strapaze hatte, zu seiner Überraschung, seine beiden Beine gelähmt.
Und so, nach einigen Minuten Überlegens, entschied er sich,
ein wenig auszuruhen, bevor er weiterging. Er lehnte sich zurück und
blickte den sternenlosen Himmel an, die Blicke ignorierend, die die
vorrübergehenden Leute ihm schenkten. Der volle, runde Mond am
schwarzen Himmel war - für ihn - irgendwie entspannend.
Fast wie eine Perle auf einem schwarzen Seidentuch...,
dachte Vincent vor sich hin, und seine Augenlider wurden immer schwerer
und schwerer. Er würde jeden Augenblick einschlafen.
Ein schriller Schrei jedoch verbannte sämtlichen Schlaf aus
seinem müden Kopf. Vincent sprang auf und drehte sich beunruhigt um.
Aber er war nicht der einzige. Viele Leute hatten sich zu der Quelle
des Schreies gedreht.
Vincent sah ein junges, schlankes Mädchen panisch durch die
Menschenmenge rennen. Ihre Sachen waren naß und sie hielt sich wie
durch ein Wunder auf ihren Füßen, dennoch rannte sie wie von einem
Dämon besessen weiter. Die Leute wichen dem Mädchen so gut wie möglich
aus, aber sie rannte einen Mann über den Haufen und schubste andere aus
ihrem Weg.
"AUS DEM WEG!!!" schrie sie.
Bevor Vincent wußte, was passiert, fühlte er etwas in ihn mit
großer Kraft krachen. Trotz der Stärke des Aufpralls hatte er kaum
Effekt auf Vincent. Er wurde lediglich einige Schritte nach hinten
gestoßen; aber das Mädchen, was gegen ihn gerannt war, fiel nach hinten
über. Die Leute, die sich mittlerweile um die beiden gesammelt hatten,
wunderten sich, mit lautem Gemurmel, wer das Mädchen war.
Vincent, als ihm klar wurde, daß er das Mädchen umgeworfen
hatte, ging in die Hocke vor ihr und berührte mit einer Hand vorsichtig
ihre Schulter. "Miss? Sind sie okay?"
Von nahem sah das Mädchen wie 20 aus, und sehr hübsch, trotz
ihres durcheinandergeratenen Haares und der nassen Klamotten. Sie sah
zu ihm hoch, als ob sie ihn nicht verstanden hätte.
Vincent starrte sie jedoch auf einmal mit plötzlichem Erstaunen
an. Er hätte schwören können, daß er sie kannte. Keiner von beiden
wagte es, zu sprechen, als sie sich anstarrten, der eine überrascht,
die andere verwirrt.
Vincent streckte seine Hand vorsichtig zu dem Gesicht des
Mädchens aus und schob ein paar ihrer nassen Haare zur Seite. In diesem
Augenblick trafen sich seine Augen mit den hellen, grünen Augen des
Mädchens. Und er erkannte sie wieder.
"Aeris!?!" platzte es aus ihm herraus.
Das Mädchen blinzelte verwirrt. "W...was?"
"..Aeris... was... wie ist..." stotterte Vincent und kniff
seine Augen zusammen, um diesen Anblick nochmals zu bestätigen.
Das Mädchen aber schubste Vincent kreischend von sich weg.
"Verschwinde!! LASS MICH IN RUHE!!!"
Dieses Mal warf der Stoß Vincent um und er landete unsanft auf
seinem Allerwertesten. Das Mädchen sprang auf und drängelte sich durch
die Menschenmenge.
Das war Aeris!, dachte Vincent, Ich bin mir sicher!
Das war Aeris!
"Hey, Aeris!!" rief er als auch er aufsprang, "Aeris! Warte!"
Er bekam sie zu sehen, wie sie in eine dunkle Nebenstrasse
rannte, und rannte so schnell er konnte hinterher.
Das ist kein Irrtum, wiederholte er, das war Aeris!
Aber... wie... sie starb vor etwa einem Jahr, und jetzt läuft sie
auf Midgars Straßen rum?!
Das Ende der Straße war eine Sackgasse, wie er schnell
bemerkte. Er sah sich langsam um, als er nach Luft schnappte, und
drehte sich dann zurück zum einzigen Eingang hierher, um sicher-
zustellen, daß er keinen versteckten Eingang verpasst hatte. Aber es
gab keine Spur von ihr.
Bis seine Ohren ein leises Schluchzen wahrnahmen. Er schlich
sich an ein altes Autowrack, was an einer Seite der Sackgasse lag,
heran und sah sie in der Ecke dahinter sitzen, mit ihren Knien hoch-
gezogen und ihrem Kopf darin vergraben. Die Kälte mußte großen Einfluß
auf die Gesundeit des Mädchens haben; sie zitterte ununterbrochen
und sah ein wenig fieberig aus.
"Aeris?" flüsterte Vincent als er näher kam.
Sie sah geschockt auf, mit Tränen in den Augen. Sie sprang
sofort auf und wollte wegrennen, aber Vincent griff ihr Handgelenk und
hielt sie fest.
"Laß mich los! Laß mich los!!" schrie das Mädchen und kratzte
seine Hand mit ihren Fingernägeln, um seinem Griff zu entkommen.
"Okay... okay... hör mir mal eine Minute zu." flüsterte
Vincent, als er den Mund des Mädchens mit seiner Klaue zuhielt und sie
gegen die Wand drückte. Das Mädchen, als sie seine Klaue so nahe sah,
erstarrte förmlich und machte keine Versuche mehr, sich zu befreien.
Sie starrte einfach nur auf seine Klaue, dann in seine blutroten Augen.
Möglicherweise dachte sie, Vincent wollte sie ermorden.
Als sie sich ein wenig beruhigt hatte, setzte Vincent sein
kleines Gespräch mit dem Mädchen fort, nahm die Klaue jedoch nicht von
ihrem Mund. "Jetzt hör zu. Ich werde dir nichts tun. Ich will dir nur
helfen, verstehst du, Aeris?"
Das Mädchen zog mit ihrer freien Hand seine Klaue von ihrem
Mund. "Warum nennst du mich so? Ich kenne dich nicht! Du mußt mich mit
jemandem verwechseln!! Ich kenne dich nicht!!!"
Vincent sah sie seltsam an als er ihre Hand endlich losließ.
Sie rieb ihr Handgelenk als sie auf den Boden starrte, und schauderte
als sie die rote Stelle auf ihrem Handgelenk bemerkte, dort, wo Vincent
sie festgehalten hatte.
"Du... erinnerst dich nicht mal vage an mich?" fragte Vincent.
"Ich... ich kenne dich nicht..." flüsterte sie harsch, seinen
Blick vermeidend, "Ich weiß gar nichts..."
Vincent untersuchte ihr hageres Gesicht schweigend. Hat sie ihr
Gedächtnis verloren? Wie denn, wenn sie eigentlich tot sein sollte?
Verdammt, was geht hier eigentlich vor?!
"Du... du hast mir wehgetan..." flüsterte das Mädchen unglück-
lich.
Vincent wußte nicht, was er auf diese Beschwerde antworten
sollte, und sah beschämt auf den Boden als sie ihr Handgelenk rieb.
Er nahm ihre Hand, legte sie in die Handfläche seiner Klaue und rieb
ihr verletztes Handgelenk vorsichtig, in der Hoffnung, daß das helfen
würde.
"Tut mir leid..." murmelte er, "Ich wollte dich nicht so doll
festhalten..."
Ein plötzliches Echo von mehreren Schritten in der Straße
brachte Vincent dazu, sich umzudrehen. Das Mädchen schauderte, als auch
sie die Schritte wahrnahm.
Eine Gruppe großer, dunkler Männer erschienen schließlich in
der Straße, die den einzigen Ausweg komplett versperrten. Sie waren
komplett in Dunkelheit gehüllt, aber von dem sehr leichten Glitzern,
das von den Händen der Männer ausging, nahm Vincent an, daß sie
alle Waffen trugen. Semi-automatische Pistolen, fügte Vincent
gedanklich hinzu.
Er schob das Mädchen hinter sich.
"Was wollt ihr?" fragte er in einem kalten Ton.
"Wir wollen das Mädchen hinter dir."
Vincent fühlte, wie sich das Mädchen an seinen Mantel
klammerte, aber dennoch auf nichts außer die schwarzen Männer achtete.
"Tut mir leid, aber sie will eure Gesellschaft offensichtlich
nicht." erwiderte Vincent in der gleichen Tonart.
Ein paar Sekunden verstrichen, bis einer der Männer einen
Schritt nach vorne tat und seine Waffe mit einem lauten Klicken lud.
"Geh einfach nur zur Seite, und es wird keinem etwas passieren."
"Glaub ihnen nicht...!" flüsterte das Mädchen von hinten, "Wenn
sie mich haben, werden sie dich einfach erschießen..."
"Ich warne dich!" dröhnte die Stimme des Mannes, "Eine falsche
Bewegung und du bist schweizer Käse!"
"Bitte, glaub ihnen nicht..." flehte das Mädchen.
"Also?" rief der Mann.
Vincent sah sich zu dem Mädchen um, dann zu den dunklen Männern
auf der Straße. Die haben sicherlich sämtliche Waffen auf meinen
Kopf gerichtet, dachte er, Wenn ich jetzt nein sage, machen sie
ihre Drohung sicher wahr.
"In Ordnung," antwortete Vincent letztendlich, "Ihr könnt sie
haben."
Das Mädchen sah ihn ungläubig an, sagte aber nichts. Sie ließ
seinen Mantel los als sie sich auf den Weg zu den Männern machte.
Vincent hörte, wie die Männer ihre Finger von den Abzügen nahmen, nahm
seine Augen aber nicht von dem Mädchen.
"Okay, A-23, komm brav hierher..." befahl die Stimme des
Mannes.
Das arme Mädchen konnte ihr Herz schlagen hören als sie ihren
Weg zu den Männern machte. Jede ihrer Gliedmaßen zitterte und sie
fühlte sich, als ob sie jeden Augenblick ohnmächtig werden würde.
Vincent aber hatte seine ganze Aufmerksamkeit auf die Männer gerichtet
und kniff die Augen zusammen, als ob er auf irgendein Zeichen warten
würde.
"So ist fein..." bemerkte die Stimme amüsiert.
"Sei ein braves Mädchen und dir wird nichts passieren!" kommen-
tierte eine andere Stimme, was die anderen zum Lachen brachte.
Das Mädchen schloß die Augen, um einen Schluchzer zu unter-
drücken - bevor sie jedoch die Augen wieder aufmachen konnte, wurde sie
von einem Arm um ihre Hüfte zurückgezogen, sah einen Arm über ihre
Schulter ausgestreckt und hörte, wie sieben Schüsse mit erstaunlicher
Geschwindigkeit abgefeuert wurden.
Der Überraschungsangriff dauerte nur etwa fünf Sekunden. Als
der letzte Schuß verhallt war, lagen alle sieben Männer auf der Straße,
tot.
"Tut mir leid," flüsterte Vincent von hinten, "Aber ich mußte
sie irgendwie ablenken."
"Du... hast sie getötet?" fragte das Mädchen mit zitternder
Stimme.
"Ja. Ich habe ihnen in den Kopf geschossen."
"Ich..." stotterte das Mädchen, "Ich glaube... ich werde ohn-
mächtig..."
Mit diesen letzten Worten sackte das Mädchen zusammen und ihr
Kopf sank gegen Vincents Schulter. Dieser fragte sich, was er jetzt
tun sollte. Er hatte hier sieben Leichen und ein krankes Mädchen, was
eigentlich tot sein sollte, ohnmächtig in seinen Armen liegen.
Er legte sie vorsichtig auf den Boden, um seine Automatik-
Pistole nachzuladen (Er hatte sich entschieden, sein Gewehr, das sog.
Death Penalty, zuhause zu lassen, da es so unhandlich war und riesen-
große Löcher riß, und stattdessen eine 'normale' Automatikpistole
mitzunehmen.). Nachdem er die leeren Patronen weggeworfen hatte und
sie durch neue ersetzt hatte, wickelte er das Mädchen vorsichtig in
seinen Mantel und nahm sie hoch, ebenso vorsichtig, um sie mit seiner
Klaue nicht zu verletzen. Er ging über die Leichen, die er so brutal
erschossen hatte, hinweg, einen der Körper aus seinem Weg tretend.
Kurz darauf verschwand er in einem dunklen Weg gegenüber der Straße.
Die Turmuhr schlug zwölfmal, um Mitternacht anzukündigen. Und
dann war alles still.