Als Abschluß der
Playstation-Trilogie, die die Serie einem
breiten Publikum zugänglich machte,
erschien MItte 2000 mit Final Fantasy IX
ein Spiel, das eher ein nostalgischer
Rückblick auf ältere Teile war als eine
Weiterentwicklung der Ansätze aus Final
Fantasy VII und VIII.
Der auffälligste
Unterschied ist sicherlich ein
ästhetischer: Die Welt von Final Fantasy
IX, Gaia genannt, orientiert sich zwar
noch am Steam-Punk-Stil, der die Serie
seit Final Fantasy VI dominiert, ist aber
bunter und fantastischer als die der
letzten drei Teile zusammen. Gaia ist in
verschiedene Königreiche aufgeteilt, die
von Fabelwesen und mittelalterlichen
Fantasyfiguren wie aus dem Bilderbuch
bevölkert werden: Ritter, Adlige,
Marktschreier und Tiermenschen wie aus
dem Wizard of Oz prägen die
Stadtbilder. Vor allem die Dungeons und
Naturschauplätze aber sind atemberaubend
designt und machen Final Fantasy IX zum
visuell kreativsten und beeindrucksten
Teil der Serie- auch wenn sich das Spiel
technisch nicht mehr sonderlich von
seinen Vorgängern abheben kann. Ergänzt
wird die Grafik von einem erneut
hervorragenden Uematsu-Soundtrack, der
neben atmosphärischen, warmen
Synthesizerklängen und einigen sehr
schrägen Motiven vor allem bewusst
einfach gehaltene, mehr oder weniger an
die alten Nintendospiele angelehnte
Stücke enthält.
Auch die Charaktere rufen
Erinnerungen an alte Zeiten wach, allen
voran der kleine Schwarzmagier Vivi,
dessen Design der alten Berufsklasse des
Black Mage aus dem ersten Final Fantasy
entnommen ist. Überhaupt stecken die
Story und Welt des Spiels voller witziger
kleiner Insider-Anspielungen auf
vergangene Episoden; nach den
dramatischeren letzten drei Teilen
schlägt Final Fantasy IX eine
entspanntere, humorvollere Richtung ein.
Das Spiel beginnt wie eine Persiflage auf
das älteste RPG-Klischee der Welt:
Natürlich muß eine Prinzessin entführt
werden. In diesem Fall handelt es sich um
Garnet, die todunglückliche
Thronfolgerin des in kriegerische
Auseinandersetzungen verwickelten
Königreichs Alexandria. Zidane, ein
junger Überlebenskünstler und Mitglied
der als Schauspieltruppe getarnt auf
einem Theaterluftschiff durchs Land
ziehenden Diebesbande Tantalus, bekommt
den Auftrag zugeschustert.
Erwartungsgemäß läuft beim Kidnapping
rein gar nichts nach Plan, und die
Ereignisse überschlagen sich.
Die Story ist nicht die originellste oder
anspruchsvollste der Serie -und will es
auch gar nicht sein-, mit Sicherheit ist
sie aber die am aufwendigsten
präsentierte und am detailverliebtesten
umgesetzte. Die klassische Erzähltechnik
der Serie wurde durch die Einführung von
sogenannten Active Time Events, immer mal
wieder eingeblendeten kleinen
Zwischensequenzen, die der Ausarbeitung
der Charaktere dienen, erneut verfeinert.
Die Dialoge und Übersetzung sind die
bisher gelungensten der Serie, und der
dichte Plot bietet stets eine klare
Motivation zum Weiterspielen. So schafft
es Final Fantasy IX, auch uralten
Klischeefiguren wie Garnet und Zidane
oder völlig abgedrehten Charakteren wie
dem bizarren Vielfraß Quina Leben
einzuhauchen und eine etwas vorhersehbare
Handlung spannend zu gestalten.
Auch das Gameplay orientiert
sich stärker an den älteren Teilen als an den beiden direkten
Vorgängern. Anstelle des komplexen
Materia- und Junctionsystems ist ein
simpleres und weniger flexibles, aber
deswegen nicht unbedingt weniger
motivierendes Spielprinzip getreten, das
wie ein Konglomerat aller möglichen
Elemente aus den Vorgängern wirkt. Die
einzelnen Charaktere erhalten Ihre
Zaubersprüche und Abilities ähnlich wie bei
den Materia von Final Fantasy VII durch
das Ausrüsten von Waffen, Rüstungen und
Zubehör. Jedoch zeigen diese Items bei
jedem Charakter eine andere Wirkung:
Während ein bestimmtes Zubehör
beispielsweise beim Magier Vivi das
Magieattribut steigert, kann es dem
Kämpfer Steiner eine spezielle
Kampftechnik verleihen. Solange ein
Charakter den Gegenstand am Körper
trägt, gewinnt er durch Kämpfe Ability
Points (AP) dafür- wenn eine bestimmte
Anzahl AP gesammelt ist, hat der
Charakter die betreffende Fertigkeit
erlernt und kann sie auch ohne das
entsprechende Item ausüben. Im
Wesentlichen handelt es sich also um eine
Mischung aus festgelegten
Charakterklassen (FF4) und lernbaren
Abilities (FF5), die durch spezielle
Ausrüstungsgegenstände verliehen werden
(FF6-FF8). Durch das Kombinieren und
Zusammenfügen von
Ausrüstungsgegenständen erhält man
noch mächtigere Ausrüstung mit noch
besseren Abilities. Ansonsten darf nun
wieder mit vier Charakteren gleichzeitig
gekämpft werden, die Dungeons sind etwas
zahl- umfangreicher als in Final Fantasy
VII und VIII, und viele versteckte
Schätze, Minigames und Sidequests
lockern den Spielverlauf auf- darunter
eine Triple-Triad-Variante, die ihrem
Vorgänger leider nicht das Wasser
reichen kann.
Ob Final Fantasy IX der
beste Teil der Serie ist, muß wie immer
jeder für sich entscheiden. Mit
Sicherheit ist es aber eines der
"rundesten" Final Fantasies,
das Fans der älteren wie der neueren
Folgen zugleich ansprechen sollte. Final
Fantasy IX hebt sich durch nichts
sonderlich vom Rest der Serie ab, aber es
ist ein gelungener letzter Rückblick auf
ein klassisches Spielkonzept, und der
geglückte Versuch, das beste aus allen
bisherigen Folgen zusammenzufügen, bevor
Square mit dem zehnten und elften Teil
ihrer Vorzeigeserie einen erneuten
radikalen Richtungswechsel vollziehen.